Ich bin wieder hier...
Es hat eine ganze Weile gedauert, mich zu akklimatisieren. Das merkt man wohl auch am zeitlichen Abstand zum letzten Blogeintrag. Immerhin war das letzte, was ich berichtete meine Vertragsverabredung und nun arbeite ich bereits seit einem Monat als Sprachlehrerin. Vorher allerdings war ich mit meiner besseren Hälfte über zwei Wochen lang auf einer Rundreise durch Andalusien, die so beeindruckend und schön war, dass ich sie hier nicht einfach unter den Teppich kehren möchte.
Andalusien ist schon seit jeher ein heiß umkämpftes Fleckchen Erde gewesen. Deswegen sind dort sowohl in Architektur und Kunst, als auch in der Kultur viele arabische, muslimische und spanische Einflüsse zu einem Ganzen vereint. Das macht einen Besuch insbesondere kulturgeschichtlich sehr aufregend. Ich könnte unmöglich alle Bauten und Sehenswürdigkeiten, die wir auf unserem Weg besucht haben aufzählen. Es reicht wohl zu sagen, das wir in 15 Tagen bestimmt 40 Städte besucht, durchfahren, durchlaufen und bewundert haben. Daher möchte ich in diesem Blog erst mal nur auf diejenigen Eindrücke eingehen, die sich mir ganz besonders eingeprägt haben.
Da wären zunächst einmal die kleinen Sandstürme – ca. 10 Meter hoch und einen Meter breit – die sich kurz vor der andalusischen Grenzen von Norden her um das Land schlängeln. Sie sind nicht weiter gefährlich, reißen keine Bäume oder gar Häuser mit sich und auch die Kühe und Ziegen, die auf den trockenen Wiesen grasen, werden nicht weiter gestört. Aber beeindruckend ist es eben doch, wenn sie sich in die Lüfte erheben. Extremadura heißt das Gebiet, in denen sie beheimatet sind. „Extrem“ und „hart“, heißt das Land und so ist es auch. Die Winter sind besonders hart, die Sommer extrem heiß. Während ich in Asturien schon überlegt hatte, die Heizung einzuschalten, schälte ich mich hier zwiebelartig aus den verschiedenen Kleidungsschichten. Ein kleiner Zwischenstopp in einem kleinen Dorf erlaubte es uns, direkt vor Ort eine der großen Spezialitäten dieses Landstriches zu probieren: Den Jamón Pata-Negra. Nach den schwarzen Füßen der Schweine benannt, ist dieser Schinken ganz besonders fett und ziemlich salzig. Aber das ist ja für spanischen und italienischen Schinken sowieso eine feste und nicht wegzudenkende Eigenschaft. Wenn „Stiftung Warentest“ dann den hohen Salzgehalt eines Schinkens als negatives Kriterium abstempeln, können südländische Feinschmecker darüber nur lachen.
Unser erster nächtlicher Aufenthalt geschah in Merida, in einem kleinen, freundlichen Hotel nahe der Autobahn. Eher unfreundlich wirkten zwei alte, zerbeulte Autos auf dem Hotelparkplatz. Das Auto hingegen überstand die Nacht ohne weitere Komplikationen und auch wir konnten uns nach fast 1000 Kilometern und einem sehr guten Abendessen nahe des örtlichen Rathauses ein wenig ausruhen.
Eine weitere Tagesfahrt brachte uns über die andalusische Grenze. Wir überquerten die Sierra Morena, besuchten einige sehenswerte kleine Orte, Dörfer und Städte, bewunderten Kirchen und alte Bauten, Reste arabischer und römischer Zeiten. Auch die Wölfin mit ihren kleinen Menschenkindern begrüßte uns. Ein weiterer Stopp brachte uns nach Cádiz, eine recht bekannte Stadt an der Südküste Spaniens und ganz nebenbei auch der Drehort für „James Bond – Stirb an einem anderen Tag“. Die neue Kathedrale und die sternförmige Festung soll hier die kubanische Hauptstadt Havanna imitieren. 007 oder nicht, einen Besuch ist Cádiz auf jeden Fall wert. Vorsichtig sollte man allerdings sein, wenn nette, dunkelhäutige Damen einem einen kleinen Zweig in die Hand drücken wollen – gleich darauf werden sie beginnen, einem aus der Hand zu lesen und danach versichern, dass man ihnen dafür zwar Geld geben müsse, aber auf keinen Fall Hartgeld geben dürfe. Dies würde nämlich furchtbares Unglück bringen.
Na, schon mal gesehen?
Einen weiteren Höhepunkt auf der Reise stellte unser Ausflug nach Tarifa dar. Die Stadt selbst ist schön, aber auch nicht viel mehr, als andere der Umgebung. Was Tarifa besonders macht, ist seine Nähe zum afrikanischen Kontinent. In der Straße von Gibraltar, die hier als einzige den europäischen Kontinent von Afrika trennt, leben einige Delfingruppen und in manchen Jahreszeiten kreuzen sogar Orcas und Pottwale den Weg der zahlreichen Wal- und Delfin-Sucher. Um diese Tiere zu sehen, kamen wir leider zwei Wochen zu spät, aber auch „nur“ Gewöhnliche Delfine und Große Tümmler zu sehen, sind die 30 Euro pro Person wert.
"Who can catch such beauty in a word?" - Afrika
Gewöhnliche Delfine
Wer gerne auf den Spuren unserer Vorfahren wandelt, sollte nicht vergessen, einmal in Bolonia vorbeizufahren. Dort gibt es einige Ruinen der alten, römischen Stadt Baelo Claudio zu sehen, die gut erhalten sind und noch dazu kostenlos zu besichtigen. Danach braucht es nur wenige Minuten zum nahegelegenen Strand, wo man die größte Düne Spaniens bewundern und erklimmen kann. Je höher man hinauf durch den Sandweg stapft, desto höher scheint auch die Düne selbst zu werden. Als wir ihren Hügel erreicht hatten, hatte uns der Nebel erreicht, sodass vom Meer nun nicht mehr viel zu sehen war. Dafür tauchte er de Baumkronen in seine graue Masse und ließ sie besonders gruselig und verzaubert erscheinen.
Gruselig und verzaubernd ging es auch in Puerto Banus zu. Gruselig, welche Preise manche Menschen für Kleidung und andere Habe ausgeben; verzaubernd, was für eine Wirkung dieser Luxus auf die Menschen haben kann. Denn der große Hafen nahe der bekannten Stadt Marbella, deren Sorglosigkeit auf jeden Touristen abfärbt, beherbergt einige Yachten, die größer sind als unsere kleine Zweizimmerwohnung. Man kann sich vorstellen, was für Menschen auf solchen Booten wohnen. Am Hungertuch werden sie nicht nagen, zumal sie sich in guter Gesellschaft befinden: Auch ein paar königliche Yachten lagen vor Anker, als wir einen kleinen Spaziergang über die Anlegestege machten.
Baelo Claudia und Düne
Da lasse ich mich doch ehrlich gesagt lieber von architektonischen Meisterwerken beeindrucken, so wie von der riesigen „Puente Nuevo“, welche aus dem 18. Jahrhundert stammt und die alte und neue Stadt Rondas miteinander verbindet. Oder das alte, römische Theater Malagas, oder auch einfach die schlumpfenblau gemalten Häuser eines kleinen Dörfchens mitten im Nirgendwo Andalusien. Juzcar heißt es und hat sich den kleinen Werbegag nicht ganz ohne Hilfe ausgedacht. Denn eigentlich kamen die 4000 Liter Farbe nur deshalb an die Wände, weil das Dorf den Drehort für den neuen Film „Die Schlümpfe 3D“ darstellt. Nun aber überlegen die Anwohner, ihre Häuser auch nach Drehende blau zu lassen und erhoffen sich davon einen neuen Status als besondere Touristenattraktion.
Ein Besuch im Schlumpfenland
Ich hätte da nichts dagegen. Nur eines muss ich euch Andalusiern dann doch raten: Touristenattraktionen brauchen auch befahrbare Zugangsstraßen. Also wäre vielleicht eine mindestens fünf Meter breite Straße mit einem gut sichtbaren Mittelstreifen die erste notwendige Errungenschaft für euch, wenn ihr nicht wollt, dass eure Besucher schon auf der Hinfahrt einen Herzinfarkt bekommen...
Wie läuft das eigentlich mit der Jobsuche in Deutschland? Ich habe ja noch nicht so viel Erfahrung, was das angeht, aber ich habe schon eine Vorstellung vom Ablauf. Man schickt eine Bewerbung, wartet darauf, zu einem Vorstellungsgespräch geladen zu werden, wartet auf die endgültige Entscheidung des Chefs und dann darauf, den Vertrag zu unterschreiben. Zwischen jedem Schritt liegen normalerweise ein paar Tage, wenn nicht sogar Wochen. Hier hingegen ist das manchmal anders.
Informiert hatte ich mich schon vor Monaten bei den deutschen Sprachschulen in Oviedo. Alle sagten mir, dass die neuen Kurse erst im Sommer beginnen würden und ich dann noch einmal nachfragen könnte. Also gut, dann eben warten. Meinen Lebenslauf hatten beide große Schulen und ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben. Dann der Anruf – den ich verpasste. In Bibliotheken muss man bekanntlich das Handy leise stellen, sodass ich gar nichts davon bemerkt hatte. Die E-Mail jedoch ist mir sofort aufgefallen: Wir brauchen noch Leute, um unser Kursangebot aufzustocken. Wollen sie nicht ein Vorstellungsgespräch machen?
Es war gegen 11 Uhr am Montag morgen, als ich diese Nachricht bekam. Das Vorstellungsgespräch, dass ich dann telefonisch vereinbarte, war zwei Stunden später. Zwei Tage später hatte ich bereits eine Probestunde gegeben und die feste Zusage, dass ich Anfang Oktober anfangen könne in der Tasche. Natürlich hat mir das einige Pläne durcheinander geworfen. Aber bei einem Job für neun Monate, mit Krankenversicherung und ordentlichem Gehalt kann man nicht einfach „Nein“ sagen.
Jetzt warte ich nur noch darauf, dass die Kurse endgültig festliegen und ich meinen Vertrag unterschreiben kann. Bis dahin machen wir Urlaub in Andalusien. Aber davon berichte ich euch beim nächsten Mal.
Nach einem so lustigen Abend fiel es mir natürlich umso schwerer, an den Abschied zu denken. Aber der Flieger war gebucht, die Abreise geplant und in Spanien wartete jemand sehnsüchtig auf mich. Also verbrachte ich die Nacht noch einmal in der Hauptstadt und hatte immerhin noch genug Zeit, mit dem zweiten Geburtstagskind zu frühstücken.
Und dann wieder zum Flughafen. Eigentlich hätte ich ja schon längst am vielbeschriebenen neuen Großflughafen starten sollen, aber nein. Es ging wieder zum alten Schönefeld. Immerhin kenne ich mich dort einigermaßen aus. Mein Flug ging – jetzt wird es lustig – über Mailand / Bergamo.
Heutzutage ist es tatsächlich günstiger, einen Zwischenstopp in einem anderen Land zu machen, das nicht mal mit auf dem Weg liegt, als direkt von A nach B zu fliegen. Dafür musste ich dann allerdings auch fünf Stunden am italienischen Flughafen warten. Ein bisschen Sonne tanken, ein bisschen lesen, ein bisschen nervös auf die Abflugstafeln starren. Hatte ich mich vielleicht doch geirrt in der Zeit? Ich hatte mich nicht geirrt.
Pünktlich zwei Stunden vor Abflug stand ich vor der Sicherheitsbeamtin, die mich noch einmal durchfilzen wollte. „Posso?“, fragte sie, was italienisch ist für „Darf ich?“. Meine spontane spanische Antwort „Si, claro!“, verstand sie allerdings nicht. Ich hätte doch „Si, certo!“, sagen sollen, aber so schnell konnte ich nicht umschalten. Ich hätte allerdings gedacht, ein einfaches „Ja“ würde ihr reichen. Dann versuchte sie es noch einmal auf Englisch, fragte mich dafür erst mal, ob ich denn diese Sprache spräche und fand dann endlich den Mut, mit ihrem Pieper über meine Sachen zu gleiten. Natürlich fand sie nichts und ich konnte weiter gehen.
Noch zwei Stunden wartete ich im Flughafen, der mir dieses Mal sehr lebendig vorkam. Das letzte Mal, als ich von dort abgeflogen war, war es neun Uhr abends gewesen und alle Geschäfte geschlossen. Jetzt aber gab es Mode, Souvenirs, Knabbereien zu kaufen. Hunderte Fluggäste tummelten sich an den verschiedenen Gates. Ein paar Deutsche, ein paar Italiener, ein paar Spanier und sehr viele bilinguale Kinder. Ich finde es immer wieder lustig, denen zuzuhören. „Mama, der Koffer é rotto!“ „Kaputt, mein Kind. Er ist kaputt.“ Dann wurde es Zeit einzusteigen. Ich fand einen Platz, lehnte mich zurück und wenige Stunden später begrüßte mich der spanische Sonnenuntergang.