Eigentlich...
Eigentlich habe ich ja gar keine Zeit zum Schreiben. Und eigentlich ist dieser Blog auch schon viel zu alt und viel zu lange verlassen, um jetzt wie eine kalte Suppe wieder aufgewärmt zu werden.
Aber was hier und überall auf der Welt im Moment passiert, ist tatsächlich der Rede wert und daher kann ich mich kaum zurückhalten.
Mein letzter Eintrag in diesem Blog ist viele Jahre her. Seitdem ist viel passiert. Zwar wohne ich noch in der gleichen Stadt und gehe der gleichen Tätigkeit nach, aber ein kleiner Wildfang ist in unser Leben getreten und hat dieses ordentlich aufgewirbelt.
Dementsprechend hat sich mein Tagesablauf ziemlich verändert. Kinderbetreuung, Haushalt und Arbeit nehmen mich stark in Anspruch und lassen wenig Zeit für anderes. Dass die Kleine in den Kindergarten kam, war für mich somit eine große Entlastung. Ein paar Monate lang, immerhin... doch dann kam Corona.
Wir haben uns Mitte März entschieden, unsere Tochter vorsichtshalber aus dem Kindergarten zu nehmen. Zwei Tage später bekam ich die Information, dass dieser komplett geschlossen würde - auf unbestimmte Zeit. Auch unsere Sprachschule - in der ich Deutsch unterrichte - musste schließen. Zum Glück können wir online weiterarbeiten. Viele unserer Schüler nehmen das Angebot gern an. Die Kurse verschaffen ihnen Ablenkung, geben ihnen Beschäftigung und eine Möglichkeit, einen kleinen Teil ihres bisherigen Lebens wie gewohnt weiterzuführen. Gleichzeitig versuche ich, ihnnen die Situation etwas schmackhaft zu machen, Vorschläge zu geben, wie sie die Zeit nutzen können und wie sie während der Ausgangssperre körperlich und mental gesund bleiben.
Denn bei uns handelt es sich, im Gegensatz zu Deutschland, tatsächlich um eine Ausgangssperre. Raus gehen darf nur, wer einen guten Grund dazu hat: Wer arbeiten muss, wer einkaufen muss, wer den Müll herunterbringen muss. Mehr ist nicht gestattet. Die Straßen werden von Polizisten kontrolliert. Mich persönlich hat noch keiner gestoppt, vermutlich sind sie eher in den Parks unterwegs, denn auch Freizeitsport jeder Art - egal ob in Gruppe oder allein - ist untersagt und wird mit Geldstrafen geahndet. Von meinem Fenster aus kann ich bewaffnete Polizisten sehen, die die Autos kontrollieren. Darin dürfen nämlich maximal zwei Personen sitzen, eine vorn, eine hinten, und natürlich muss die Fahrt auch gut begründet werden können. Diese Regelungen machen auch vor Familien nicht halt oder Angehörigen des gleichen Haushalts nicht halt.
Absurd ist es schon, denn natürlich dürfen wir mit dem Partner oder der Familie in der gleichen Wohnung wohnen bleiben, am selben Tisch essen, im selben Bett schlafen, aber ab der Wohnungstür ist dann Schluss mit trauter Zweisamkeit. Da hat man Abstand zu halten und am besten geht sowieso nur einer raus, der Rest wartet zu Hause.
Ich weiß nicht genau, ob die Situation in den Krankenhäusern hier so wesentlich schlechter ist, als in Deutschland. Die Maßnahmen, die dort realisiert werden, halte ich aber für sinnvoller, besonders auch, weil viele hier, die es einfach nicht zu Hause aushalten, jeden Tag zum Supermarkt oder zu den kleinen Geschäften gehen, um sich Bewegung zu verschaffen. Dort treffen sie allerdings auf wesentlich mehr Mitmenschen und kommen ihnen weitaus näher, als dies im nahegelegenen Park, am Strand oder im Wald der Fall wäre. Eine Ansteckung mit dem Virus ist also viel wahrscheinlicher.
Aber es gibt Licht am Ende des Tunnels. Ab 27. April wird es wieder erlaubt sein, mit Kindern das Haus zu verlassen. Wie weit man sich dafür vom Wohnort entfernen darf, oder wie lange man unterwegs ist, ist dabei noch nicht genau geklärt. Trotzdem ist es für mich eine Erleichterung, zu wissen, dass ich mich nicht mehr wie ein Krimineller fühlen muss, wenn ich mit meiner Tochter einen Spaziergang mache.
nadinemes am 17. April 20
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Eine Packung Pfirsichringe
Es ist merkwürdig, wie man im Ausland plötzlich beginnt genau die Dinge toll zu finden, die man an seinem eigenen Land früher nie so richtig wertschätzen konnte. Es muss der spanische Einfluss sein, der mich dazu bringt, bei diesem Gedanken zunächst die Speisen und Getränke in meinem Kopf durchzuspielen, die ich hier bis heute nicht habe finden können.
Geflügelsalat zum Beispiel: Leckerer Geflügelsalat mit Hünchen, Ananas- und Mandarinenstücken und ganz viel Mayonnaise. Oder Sauce Hollandaise – gelb und fettig aus der 250 ml Packung. Solche Delikatessen werden hier nicht angeboten, nicht auf der Speisekarte und nicht im Handel. Auch die Würstchen sind hier nicht so, wie man es gewohnt ist – kein bisschen knackig, nicht die richtige Konsistenz. Umso schöner ist es, wenn es ab und zu im Supermarkt die sogenannten europäischen Wochen gibt. Dort wird dann ein großes Aufgebot an französischen, englischen, deutschen, belgischen, österreichischen und schweizer Speisen in den Regalen platziert und man kann sich aussuchen, wohin die kulinarische Reise diesmal gehen soll. Wir Deutschen sind mit den ganz landestypischen Bier- und Wurstsorten vertreten. Aber auch eingelegte Gürkchen und massenweise Kekse gibt es jetzt zu kaufen. Koala-Bären! Mit Schokofüllung, wie man sie aus der Kindheit kennt. Und auch Sauerkraut, was ich in Deutschland gar nicht mal so gern esse, wird plötzlich zum Hochgenuss.
Heute habe ich mich für eine Packung Pfirsichringe entschieden. Genau die. Die kleinen, weichen Gummiringe mit dem fruchtigen Geschmack und den klebrigen Zuckerkörnchen, die auf der Zunge zergehen. Und schon bin ich wieder 15 Jahre in die Vergangenheit befördert, wo ich gerade die letzte Packung verzehrt habe und mir schmerzvoll den Bauch halte. Aber auch mit 26 bin ich nicht schlauer. Obwohl mir jetzt schon leicht flau im Magen ist, werde ich diese Plastiktüte wohl noch leer bekommen, bevor ich wieder zur Arbeit muss. Das bin ich ihnen schuldig, meinen Geschmacksknospen, und dem kleinen Mädchen in mir.
PS: Ich weiß, ihr wartet seit 6 Monaten auf den zweiten Teil des Andalusienberichts, aber für eine so detaillierte Aufarbeitung lässt mir die Arbeit dann doch keine Zeit. Vielleicht gelingt es mir in den nächsten Wochen. Bis dahin, viel Spaß beim Lesen!
nadinemes am 12. März 13
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