Nachbarschaft
Wir kommen vorwärts. Nachdem wir in der letzten Woche bereits zum Spazierengehen hinausgehen konnten, ist es jetzt auch wieder erlaubt, sich in das Auto zu setzen und innerhalb Asturiens kleine Reisen zu unternehmen. Die Polizei lässt etwas lockerer, Kontrollen auf der Straße habe ich in den letzten Tagen nicht mehr gesehen. Dafür ist die Nachbarschaft umso aufmerksamer. Jedes Kind bis 12 Jahren darf offiziell zwischen 12 und 19 Uhr für insgesamt eine Stunde frische Luft schnappen. Senioren und Seniorinnen können dagegen bis 12 Uhr und dann eben wieder ab 19 Uhr das Haus verlassen, wenn es nicht etwa zum Einkaufen ist. Damit soll gewährleistet werden, dass die vermeintlichen Virenschleudern nicht die Wege der Risikogruppen kreuzen.

"Gehst du denn heute schon zum zweiten mal raus?", heißt es dann dem zweijährigen Kind gegenüber, wenn es abends noch einmal mit dem Papa rausgeht. "Ist das denn Ihre Uhrzeit zum Spazierengehen?", muss sich die Rentnerin anhören, die zehn nach zwölf noch am Fischladen vorbeigeht. In diesen Fällen muss man nur hoffen, dass diese wohlmeinenden Hinweise nicht kurze Zeit später am Telefon der Polizei übermittelt werden. Big Brother is watching you.

Aufmerksame Nachbarn sind es natürlich auch, die Supermarktmitarbeiter, Ärzten und Krankenschwestern freundliche Zettel an der Tür hinterlassen. Hier werden diese dann gebeten, zum Wohle der Nachbarschaft ihre Wohnungen zu verlassen - schließlich ist es bei ihren Tätigkeiten sehr wahrscheinlich, dass sie sich mit dem Virus infizieren und daher könnten sie ja die ganze Hausgemeinschaft mit anstecken. Da frage ich mich doch, wo sie denn dann alle hinsollen, die Helden unseres derzeitigen Alltags, für die andererseits jeden Abend geklatscht wird. Und ob es dieselben Hände waren, würde ich auch gern wissen; die Hände derjenigen, die klatschen, und die Hände derjenigen, die solcherart Nachrichten verfassen. Rettet unsere Kranken, aber kommt uns nicht zu Nahe!