Freitag, 17. April 2020
Eigentlich...
Eigentlich habe ich ja gar keine Zeit zum Schreiben. Und eigentlich ist dieser Blog auch schon viel zu alt und viel zu lange verlassen, um jetzt wie eine kalte Suppe wieder aufgewärmt zu werden.
Aber was hier und überall auf der Welt im Moment passiert, ist tatsächlich der Rede wert und daher kann ich mich kaum zurückhalten.
Mein letzter Eintrag in diesem Blog ist viele Jahre her. Seitdem ist viel passiert. Zwar wohne ich noch in der gleichen Stadt und gehe der gleichen Tätigkeit nach, aber ein kleiner Wildfang ist in unser Leben getreten und hat dieses ordentlich aufgewirbelt.
Dementsprechend hat sich mein Tagesablauf ziemlich verändert. Kinderbetreuung, Haushalt und Arbeit nehmen mich stark in Anspruch und lassen wenig Zeit für anderes. Dass die Kleine in den Kindergarten kam, war für mich somit eine große Entlastung. Ein paar Monate lang, immerhin... doch dann kam Corona.
Wir haben uns Mitte März entschieden, unsere Tochter vorsichtshalber aus dem Kindergarten zu nehmen. Zwei Tage später bekam ich die Information, dass dieser komplett geschlossen würde - auf unbestimmte Zeit. Auch unsere Sprachschule - in der ich Deutsch unterrichte - musste schließen. Zum Glück können wir online weiterarbeiten. Viele unserer Schüler nehmen das Angebot gern an. Die Kurse verschaffen ihnen Ablenkung, geben ihnen Beschäftigung und eine Möglichkeit, einen kleinen Teil ihres bisherigen Lebens wie gewohnt weiterzuführen. Gleichzeitig versuche ich, ihnnen die Situation etwas schmackhaft zu machen, Vorschläge zu geben, wie sie die Zeit nutzen können und wie sie während der Ausgangssperre körperlich und mental gesund bleiben.
Denn bei uns handelt es sich, im Gegensatz zu Deutschland, tatsächlich um eine Ausgangssperre. Raus gehen darf nur, wer einen guten Grund dazu hat: Wer arbeiten muss, wer einkaufen muss, wer den Müll herunterbringen muss. Mehr ist nicht gestattet. Die Straßen werden von Polizisten kontrolliert. Mich persönlich hat noch keiner gestoppt, vermutlich sind sie eher in den Parks unterwegs, denn auch Freizeitsport jeder Art - egal ob in Gruppe oder allein - ist untersagt und wird mit Geldstrafen geahndet. Von meinem Fenster aus kann ich bewaffnete Polizisten sehen, die die Autos kontrollieren. Darin dürfen nämlich maximal zwei Personen sitzen, eine vorn, eine hinten, und natürlich muss die Fahrt auch gut begründet werden können. Diese Regelungen machen auch vor Familien nicht halt oder Angehörigen des gleichen Haushalts nicht halt.
Absurd ist es schon, denn natürlich dürfen wir mit dem Partner oder der Familie in der gleichen Wohnung wohnen bleiben, am selben Tisch essen, im selben Bett schlafen, aber ab der Wohnungstür ist dann Schluss mit trauter Zweisamkeit. Da hat man Abstand zu halten und am besten geht sowieso nur einer raus, der Rest wartet zu Hause.
Ich weiß nicht genau, ob die Situation in den Krankenhäusern hier so wesentlich schlechter ist, als in Deutschland. Die Maßnahmen, die dort realisiert werden, halte ich aber für sinnvoller, besonders auch, weil viele hier, die es einfach nicht zu Hause aushalten, jeden Tag zum Supermarkt oder zu den kleinen Geschäften gehen, um sich Bewegung zu verschaffen. Dort treffen sie allerdings auf wesentlich mehr Mitmenschen und kommen ihnen weitaus näher, als dies im nahegelegenen Park, am Strand oder im Wald der Fall wäre. Eine Ansteckung mit dem Virus ist also viel wahrscheinlicher.
Aber es gibt Licht am Ende des Tunnels. Ab 27. April wird es wieder erlaubt sein, mit Kindern das Haus zu verlassen. Wie weit man sich dafür vom Wohnort entfernen darf, oder wie lange man unterwegs ist, ist dabei noch nicht genau geklärt. Trotzdem ist es für mich eine Erleichterung, zu wissen, dass ich mich nicht mehr wie ein Krimineller fühlen muss, wenn ich mit meiner Tochter einen Spaziergang mache.