Mittwoch, 15. August 2012
Deutschland : Eine Sommerreise - Teil 3 : Letzter Zwischenstopp in Brandenburgs Hauptstadt
Manchmal ist man überrascht, wie gut eine Oma mit fast 80 Jahren noch in Form sein kann. Immerhin muss ich zu meiner Verteidigung sagen, dass ich ja auch ein paar anstrengende Tage und ziemlich viele Kilometer hinter mir hatte, als ich am Dienstagabend auf ihrer Couch saß und mehr schlafend als wachend ihren Geschichten zuhörte. Da passierte es doch dann tatsächlich, dass ich ihr nach Mitternacht sagen musste, dass es jetzt wirklich Schlafenszeit für mich sei. Ich konnte ja nicht ahnen, dass sich das am nächsten Tag noch einmal wiederholen würde.

Auch da nämlich überraschte sie mich mit ihrer Vitalität. Noch vor dem Mittagessen spazierten wir durch die Stadt auf der Suche nach einem passenden Geburtstagsgeschenk für das zweite Augustgeburtstagskind. Durch vielerlei schlaue Bücher wühlten wir uns im „Internationalen Buch“ in Potsdam – ein Laden, den ich Lesern, die mehr als nur den letzten Spiegelbestseller suchen, wärmstens empfehlen kann.

Tatsächlich wurde ich fündig und wir kehrten glücklich, weil erfolgreich wieder heim. Nach einem leckeren Mittagsgericht machten wir uns auf den Weg zur nächstgelegenen Anlegestelle der Weißen Flotte und dann ging es mit dem Schiff zwei Stunden lang über den Wannsee. Von dem guten Wetter könnten sich die Asturianer gerne einmal eine Scheibe abschneiden. Keine Wolke war zu sehen, kein Regentropfen fiel und vor allem fiel mir erstmals auf, wie gering die Luftfeuchtigkeit in Berlin und Brandenburg im Vergleich zu Asturien ist. Natürlich habe ich auch geschwitzt bei der Hitze. Aber zumindest klebte mein T-Shirt nicht gleich an der Haut fest.


Traumhafter Blick auf den Berliner Wannsee - Wer sagt da noch, dass Deutschland nicht schön ist?

Auch nach der Rückkehr auf das Festland waren wir vom Mittag noch gut gesättigt. Ein echt deutsches Kaffeetrinken durfte aber nicht einfach ausgelassen werden. Einem Pfann- und Spritzkuchen – sonst kriege ich das ja nicht, deswegen beides – folgte ein Tellerchen voll Eis.

Erneut überraschte mich meine Oma, als sie mich abends fragte, ob wir nicht noch um die Häuser ziehen wollten. Natürlich bedeutete das in diesem Fall nicht, dass wir uns in Miniröcke gequetscht und durch die Clubs getanzt hätten. Stattdessen spazierten wir gemütlich durch das Holländerviertel und landeten auf der Terasse eines italienischen Restaurants. Der Duft der Pizza unserer Nachbarn war so verführerisch, dass wir zumindest eine Portion Bruschetta bestellen mussten. Auf unsere Getränke warteten wir eine kleine Weile. Und dann wurden sie auch noch vertauscht auf den Tisch gestellt. Es ist aber auch verwirrend, wenn das scheinbar noch junge Mädchen sich für einen Limoncello – einen typischen Zitronenlikör aus dem Süden Italiens – entscheidet und ihre Großmutter einfach nur eine große Apfelsaftschorle bestellt. Es war schon fast 22 Uhr, als wir wieder zu Hause ankamen, und wieder fast Mitternacht, als ich meine Oma völlig übermüdet überzeugen musste, dass wir doch bald ins Bett gehen sollten. Man merkt schon, auch ich bin nicht mehr die Jüngste.


Das Holländerviertel in Potsdam - So viele rote Backsteine!

Am frühen Nachmittag des nächsten Tages rollte ich bereits wieder mit meinem Handgepäckkoffer durch die Straßen. Meine Oma begleitete mich noch zum Busbahnhof, wo ich auf eine ehemalige Chorkollegin traf. Da auch wir uns seit einer halben Ewigkeit nicht mehr gesehen hatten, erschien die Busfahrt nach Ludwigsfelde auch nur noch halb so lang. Dann trappelte ich den altbekannten Weg über den Nettoparkplatz zu meiner alten Straße und klingelte an der Haustür meiner ahnungslosen Eltern...



Sonntag, 12. August 2012
Deutschland : Eine Sommerreise - Teil 2 : Weiterfahren
Ich blieb nicht lange in Hagen. Ich hätte es auch nicht lange gekonnt, denn mit meiner ehemaligen Kommilitonin quatschte ich von meiner Ankunft bis zur Abfahrt am frühen Nachmittag des nächsten Tages ohne Unterlass. Nur wenige Stunden Schlaf unterbrachen unser Gespräch, meine Abfahrt nach Lüdighausen beendete es vorerst. Den Rest besprechen wir dann wohl über Telefon und Internet.

Meine Reise von Hagen nach Lüdinghausen verlief soweit problemlos. Ich konnte mir sogar die 4,25 Euro, die 25 Prozent des Fahrpreises vom Vortag zurückerstatten lassen. Als ich mich an der Information beraten lassen wollte, wie und wo ich das machen könne, erlebte ich mal wieder ein Musterbeispiel des Servicegedankens der Deutschen Bahn. Ich bin aber auch unhöflich! Nicht nur, dass ich durch meine Frage zum weiteren Vorgehen die beiden Damen an der Information in ihrem Gespräch unterbrochen hatte – Schade eigentlich! Ich hätte gerne mehr über den jungen Mann erfahren, der beim Tanzen auf der Party der vorherigen Nacht wie immer die Girlanden heruntergerissen hatte! – Ich hatte es außerdem gewagt, das Fahrgastrechtformular völlig unausgefüllt auf ihren Tisch zu legen, eigentlich mehr als Veranschaulichung zu meiner Frage. „Und das haben sie auch gar nicht weiter ausgefüllt, oder so!“, wurde ich angeblafft, bevor ich überhaupt irgendeine Information erbitten konnte. Man schickte mich weiter ins Servicezentrum, wo ich dann auch freundlich bedient wurde. Unfreundlich zu sein ist also kein generelles Einstellungskriterium bei der Deutschen Bahn.

In Lüdinghausen kam ich plangemäß an und obwohl ich bereits gut zu Mittag gegessen hatte, konnte ich der Idee, am Abend zu grillen sehr viel abgewinnen. In Deutschland habe wir nämlich eine bestimmte Esskultur, die man hier in Spanien nicht so kennt: Soßen! Grillsoße, Currysoße, Joghurtdressing, Tomatenketchup, Senf und noch einiges mehr stand hier auf dem Tisch und ich langte beim Fleisch gerne noch öfter zu, allein schon, um es noch in eine weitere Soße tunken zu können. Auch am nächsten Tag wurde ich reichlich mit allerlei Leckerem versorgt. Wie gut, dass wir noch zwei Stunden Fahrradfahren und drei Stunden in der Schwimmhalle auf dem Plan hatten. Man will ja auch nach dem Urlaub noch im Bikini über den Strand laufen können.

Bereits am Dienstagvormittag musste ich mich wieder einmal von meiner Freundin verabschieden. Ich hatte mir eine Mitfahrgelegenheit von Dortmund nach Berlin besorgt und stand bereits eineinhalb Stunden vor der vereinbarten Zeit am Dortmunder Bahnhof. Am vereinbarten Treffpunkt hatte ich mich bereits zwanzig Minuten vor der Zeit aufgestellt – eine dumme Idee, wie sich herausstellte. Offenbar war der Fahrer nämlich der Meinung, ich hätte in Kreisen über den Parkplatz laufen müssen, um ihn mit den spärlichen Informationen, die ich über sein Auto hatte; die Farbe und Marke des Fahrzeugs, zu finden. Ich tat es nicht. Stattdessen stand ich wie alle anderen, die auf einen Abholer oder eine Mitfahrgelegenheit warteten vor dem kleinen Kreisel vor McDonalds, der für solche Gelegenheiten wie gemacht ist und wartete auf ihn. Als ich zehn Minuten nach der geplanten Abfahrtszeit anrief, waren der Fahrer und sein Begleiter schon losgefahren. „Wir drehen jetzt auch nicht noch einmal um!“, wurde mir am Telefon entgegengeworfen und aufgelegt. Ich fluchte und ging in den Bahnhof, um mir am nächsten Automaten ein möglichst günstiges Ticket zu holen. Wozu hatte der Kerl eigentlich meine Telefonnummer bekommen? Egal! Acht Stunden und fünf Mal umsteigen später landete ich in Potsdam auf dem Hauptbahnhof, wo mich meine Oma überraschenderweise abholte. Mein Ärger war inzwischen verflogen. Nur um die Zeit war es schade, aber mir blieben ja noch eineinhalb Tage, bis ich als Überraschungsgast über die Türschwelle meiner Eltern treten wollte.