Dienstag, 16. August 2011
Mein erster Arbeitstag
Heute habe ich von meinem Chef einen sehr wichtigen Satz gelernt: „Im Sommer arbeitet man hier fast gar nicht, im Winter wenig.“ Eine scherzhaft gemeinte Aussage, die die Sache jedoch im Kern trifft. Meine Arbeitszeit hier ist eigentlich von 8 bis 16 Uhr. Daher hat mich mein persönliches Freundtaxi auch fünf vor acht vor der Tür abgesetzt. Tatsächlich ist die kleine Bibliothek Grados jedoch im Sommer nur von 9 bis 14.30 Uhr geöffnet. Und wenn das Gebäude erst ab acht geöffnet und dann auch schon um punkt halb drei abgeschlossen wird, kann man wohl nichts machen, als früh zu gehen und den Nachmittag zu genießen. Ich kann auch nicht behaupten, dass mein erster Arbeitstag so anstrengend gewesen wäre. Klar habe ich viel gelernt. Ausleihe und Rückgabe mit dem System Absynet sind bereits alltäglich geworden und die etwas anspruchsvolleren Sachen werde ich mir diese Woche noch einmal anschauen. Ansonsten bestand der Tag hauptsächlich aus reden, reden und reden – das heißt in meinem Fall eher zuhören, zuhören und zuhören. Wie bereits zuvor merke ich auch hier, dass vier Stunden in einer Fremdsprache so ziemlich das Maximum meiner Aufnahmefähigkeit darstellen. Und danach? Lächeln und Nicken. So schlimm ist es natürlich nicht. Ich habe auch später noch viel verstanden, aber man neigt dann doch eher dazu, der fremden Sprachmelodie wie Musik zu lauschen, ohne die Inhalte näher zu hinterfragen.
Einiges habe ich dann aber doch mitbekommen. So habe ich zum Beispiel viel über die Geschichte des Gebäudes, in welchem die Bibliothek ansässig ist, gelernt. Außerdem hat mir mein Chef die Kapelle gezeigt, in der des Öfteren Veranstaltungen durchgeführt werden. Bei dieser Akustik wäre ein Chorkonzert die reinste Wonne. Nur dürfte dann von Publikums-, oder Artistenseite keinesfalls geflüstert werden – jeder im Raum könnte es hören, wenn ein Wort auch nur gehaucht würde. Weiter ging es zum Ayuntamiento, dem Rathaus Grados, wo ich unter anderem dem Bürgermeister die Hand schütteln durfte! Da fühlt man sich schon so ein bisschen wie ein bunter Hund, wenn man überall mit „esta es la alemana“ – „das ist die Deutsche“ vorgestellt wird. Ansonsten bin ich bei manchen Mitarbeitern schon glücklich, wenn ich sie verstehe. Das alle schnell sprechen, ist ja klar. Aber viele Sprechen auch im Dialekt. Glücklicherweise ist asturianischer Dialekt dem Italienischen noch ähnlicher, als die spanische Sprache an sich. Im Übrigen existiert hier auch eine Diskussion darüber, ob man Städte und Ministerien nicht gleich nach dem Lokaldialekt benennen sollte. Die Idee ist, dass die akzentuierte Sprache genauso wichtig sei, wie das amtliche Spanisch. Ich weiß ja nicht, ob ich das befürworten soll. Denn „Grado“ hieße dann plötzlich „Grau“. Und das gefällt mir ja nun gar nicht!


PS:
Das habe ich in Deutschland auch noch nicht gesehen:



Ein Defibrilator zum selbst ausprobieren!



Montag, 15. August 2011
La Semana Grande
Heute ist der 15. August. Laut meinem Vertrag mit dem Leonardo-Amt Hannover, das mein hiesiges Praktikum freundlicherweise finanziert, ist dies mein erster Arbeitstag. Tatsächlich habe ich heute aber doch nur gefaulenzt, denn hier im katholischen Spanien hat Maria Himmelfahrt eben noch eine Bedeutung – und wenn sie nur darin besteht, dass nicht gearbeitet wird. Doch es ist nicht nur dieser eine Tag, der zelebriert wird. Zumindest in Gijon, der Heimatstadt meines Freundes, finden die ganze Woche Veranstaltungen statt. Hier hat man die Möglichkeit, die asturianische Kultur etwas besser kennenzulernen. In volkstümlichen Trachten musizieren verschiedenen Künstler auf althergebrachte Weise. Besonders interessant: Der Dudelsack gehört hier zum traditionellen Ensemble dazu. Begleitet von Klavier, Schlagzeug, Bläsern oder Gitarre spielen die Musiker auf einer kleinen Bühne, während sich vor ihnen auf dem Plaza Mayor ein großer Teil der Stadtbevölkerung tummelt und andächtig den Klängen lauscht.
Wir haben natürlich nicht alle Konzerte gesehen und gehört. Dafür lud das Wetter viel zu sehr zum Strandbesuch ein. Die Strände von Perlora und Rodiles aus dem Buch der verschiedenen Strände Asturiens können wir schon einmal abkreuzen. (Dieses Buch gibt es wirklich! Es liegt im Handschuhfach ☺ ) Perlora ist relativ steinig, mit einen kleinen Meeresbucht, in der sich der Strand befindet. Dafür gibt es im glasklaren Wasser auch winzige Meerestiere zu beobachten und es wimmelt nur so von Steinen, die im Esoterikladen ein kleines Vermögen kosten würden. Zumindest glaube ich, ein paar wertvolle Exemplare gefunden zu haben. Vielleicht auch einen Bernstein, wenn es denn kein rundgeschliffenes Glas sein sollte. Rodiles ist eher der typische Urlaubsstrand. Umso voller waren auch die Parkplätze. Man badet dort in einer sogenannten Ría, für die ich aber keine Übersetzung finden kann, weil es dafür kaum oder gar kein deutsches Äquivalent gibt. Wikipedia hilft in solchen Situationen wirklich weiter:
“Die Ria (gal. ría) ist ein Küstentyp mit einer schmalen und langen, tief in das Land eindringenden Meeresbucht. Im Gegensatz zu Fjord und Förde wurde eine Ria nicht durch Gletscher gebildet. Rias gehen vielmehr aus Flusstälern hervor, die durch Überflutung von Festlandsflächen (Transgression) mit Meereswasser bedeckt wurden, ohne dass diese zuvor von einem Gletscher übertieft worden wären. Sie haben daher meist flachere Küstenverläufe und geringere Buchttiefen als Fjorde.”
(http://de.wikipedia.org/wiki/Ria)
Man beachte beim Baden unbedingt, dass es in solchen Gewässern unterirdische Strömungen gibt, die einen gerne auch auf’s Meer hinausziehen. Allerdings sind sie gekennzeichnet und das Schwimmen ist dort verboten. Die Spanier halten diesen Strand für riesig, denn hier sin des meist eher kleine Buchten, die zum Wasser führen. Im Gegensatz zu kilometerlangen Ostseestränden ist er natürlich winzig, aber das sei mal dahingestellt.
Das war also unsere Semana Grande. Nur eines, bliebe noch unbedingt zu ergänzen: Das Feuerwerk in Gijon. Man stelle sich vor, man gehe des Nachtens durch eine Stadt mit etwa 277000 Einwohnern. Von überall strömen Leute herbei. Und das liegt nicht an der kleinen süßen Ausstellung über das Ecosystem Wald. Auch nicht – wenn auch schon eher – an dem abendlichen Fußballspiel Real-Madrid gegen Barcelona (2:2), welches in zahlreichen Kneipen gesendet wird, sondern an der Vorfreude auf das alljährliche Feuerwerk, das hier vom Strand aus besehen werden kann. Nun richten sich alle Blicke erwartungsvoll zur San Lorenzo Strand. Und siehe da: Die Lichter der Strandpromenade “El Muro” erlöschen und zwischen dem Meer und den tiefhängenden Wolken steigen über 25 Minuten lang Raketen in die Höhe in einer Choreografie aus Dunkelheit und Licht, in den schönsten Farben und Formen.




Die Menschenmassen erwarten das Feuerwerk





Feuerwerk über Gijón