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Ich bin wieder hier...
Es hat eine ganze Weile gedauert, mich zu akklimatisieren. Das merkt man wohl auch am zeitlichen Abstand zum letzten Blogeintrag. Immerhin war das letzte, was ich berichtete meine Vertragsverabredung und nun arbeite ich bereits seit einem Monat als Sprachlehrerin. Vorher allerdings war ich mit meiner besseren Hälfte über zwei Wochen lang auf einer Rundreise durch Andalusien, die so beeindruckend und schön war, dass ich sie hier nicht einfach unter den Teppich kehren möchte.
Andalusien ist schon seit jeher ein heiß umkämpftes Fleckchen Erde gewesen. Deswegen sind dort sowohl in Architektur und Kunst, als auch in der Kultur viele arabische, muslimische und spanische Einflüsse zu einem Ganzen vereint. Das macht einen Besuch insbesondere kulturgeschichtlich sehr aufregend. Ich könnte unmöglich alle Bauten und Sehenswürdigkeiten, die wir auf unserem Weg besucht haben aufzählen. Es reicht wohl zu sagen, das wir in 15 Tagen bestimmt 40 Städte besucht, durchfahren, durchlaufen und bewundert haben. Daher möchte ich in diesem Blog erst mal nur auf diejenigen Eindrücke eingehen, die sich mir ganz besonders eingeprägt haben.
Da wären zunächst einmal die kleinen Sandstürme – ca. 10 Meter hoch und einen Meter breit – die sich kurz vor der andalusischen Grenzen von Norden her um das Land schlängeln. Sie sind nicht weiter gefährlich, reißen keine Bäume oder gar Häuser mit sich und auch die Kühe und Ziegen, die auf den trockenen Wiesen grasen, werden nicht weiter gestört. Aber beeindruckend ist es eben doch, wenn sie sich in die Lüfte erheben. Extremadura heißt das Gebiet, in denen sie beheimatet sind. „Extrem“ und „hart“, heißt das Land und so ist es auch. Die Winter sind besonders hart, die Sommer extrem heiß. Während ich in Asturien schon überlegt hatte, die Heizung einzuschalten, schälte ich mich hier zwiebelartig aus den verschiedenen Kleidungsschichten. Ein kleiner Zwischenstopp in einem kleinen Dorf erlaubte es uns, direkt vor Ort eine der großen Spezialitäten dieses Landstriches zu probieren: Den Jamón Pata-Negra. Nach den schwarzen Füßen der Schweine benannt, ist dieser Schinken ganz besonders fett und ziemlich salzig. Aber das ist ja für spanischen und italienischen Schinken sowieso eine feste und nicht wegzudenkende Eigenschaft. Wenn „Stiftung Warentest“ dann den hohen Salzgehalt eines Schinkens als negatives Kriterium abstempeln, können südländische Feinschmecker darüber nur lachen.
Unser erster nächtlicher Aufenthalt geschah in Merida, in einem kleinen, freundlichen Hotel nahe der Autobahn. Eher unfreundlich wirkten zwei alte, zerbeulte Autos auf dem Hotelparkplatz. Das Auto hingegen überstand die Nacht ohne weitere Komplikationen und auch wir konnten uns nach fast 1000 Kilometern und einem sehr guten Abendessen nahe des örtlichen Rathauses ein wenig ausruhen.
Eine weitere Tagesfahrt brachte uns über die andalusische Grenze. Wir überquerten die Sierra Morena, besuchten einige sehenswerte kleine Orte, Dörfer und Städte, bewunderten Kirchen und alte Bauten, Reste arabischer und römischer Zeiten. Auch die Wölfin mit ihren kleinen Menschenkindern begrüßte uns. Ein weiterer Stopp brachte uns nach Cádiz, eine recht bekannte Stadt an der Südküste Spaniens und ganz nebenbei auch der Drehort für „James Bond – Stirb an einem anderen Tag“. Die neue Kathedrale und die sternförmige Festung soll hier die kubanische Hauptstadt Havanna imitieren. 007 oder nicht, einen Besuch ist Cádiz auf jeden Fall wert. Vorsichtig sollte man allerdings sein, wenn nette, dunkelhäutige Damen einem einen kleinen Zweig in die Hand drücken wollen – gleich darauf werden sie beginnen, einem aus der Hand zu lesen und danach versichern, dass man ihnen dafür zwar Geld geben müsse, aber auf keinen Fall Hartgeld geben dürfe. Dies würde nämlich furchtbares Unglück bringen.
Na, schon mal gesehen?
Einen weiteren Höhepunkt auf der Reise stellte unser Ausflug nach Tarifa dar. Die Stadt selbst ist schön, aber auch nicht viel mehr, als andere der Umgebung. Was Tarifa besonders macht, ist seine Nähe zum afrikanischen Kontinent. In der Straße von Gibraltar, die hier als einzige den europäischen Kontinent von Afrika trennt, leben einige Delfingruppen und in manchen Jahreszeiten kreuzen sogar Orcas und Pottwale den Weg der zahlreichen Wal- und Delfin-Sucher. Um diese Tiere zu sehen, kamen wir leider zwei Wochen zu spät, aber auch „nur“ Gewöhnliche Delfine und Große Tümmler zu sehen, sind die 30 Euro pro Person wert.
"Who can catch such beauty in a word?" - Afrika
Gewöhnliche Delfine
Wer gerne auf den Spuren unserer Vorfahren wandelt, sollte nicht vergessen, einmal in Bolonia vorbeizufahren. Dort gibt es einige Ruinen der alten, römischen Stadt Baelo Claudio zu sehen, die gut erhalten sind und noch dazu kostenlos zu besichtigen. Danach braucht es nur wenige Minuten zum nahegelegenen Strand, wo man die größte Düne Spaniens bewundern und erklimmen kann. Je höher man hinauf durch den Sandweg stapft, desto höher scheint auch die Düne selbst zu werden. Als wir ihren Hügel erreicht hatten, hatte uns der Nebel erreicht, sodass vom Meer nun nicht mehr viel zu sehen war. Dafür tauchte er de Baumkronen in seine graue Masse und ließ sie besonders gruselig und verzaubert erscheinen.
Gruselig und verzaubernd ging es auch in Puerto Banus zu. Gruselig, welche Preise manche Menschen für Kleidung und andere Habe ausgeben; verzaubernd, was für eine Wirkung dieser Luxus auf die Menschen haben kann. Denn der große Hafen nahe der bekannten Stadt Marbella, deren Sorglosigkeit auf jeden Touristen abfärbt, beherbergt einige Yachten, die größer sind als unsere kleine Zweizimmerwohnung. Man kann sich vorstellen, was für Menschen auf solchen Booten wohnen. Am Hungertuch werden sie nicht nagen, zumal sie sich in guter Gesellschaft befinden: Auch ein paar königliche Yachten lagen vor Anker, als wir einen kleinen Spaziergang über die Anlegestege machten.
Baelo Claudia und Düne
Da lasse ich mich doch ehrlich gesagt lieber von architektonischen Meisterwerken beeindrucken, so wie von der riesigen „Puente Nuevo“, welche aus dem 18. Jahrhundert stammt und die alte und neue Stadt Rondas miteinander verbindet. Oder das alte, römische Theater Malagas, oder auch einfach die schlumpfenblau gemalten Häuser eines kleinen Dörfchens mitten im Nirgendwo Andalusien. Juzcar heißt es und hat sich den kleinen Werbegag nicht ganz ohne Hilfe ausgedacht. Denn eigentlich kamen die 4000 Liter Farbe nur deshalb an die Wände, weil das Dorf den Drehort für den neuen Film „Die Schlümpfe 3D“ darstellt. Nun aber überlegen die Anwohner, ihre Häuser auch nach Drehende blau zu lassen und erhoffen sich davon einen neuen Status als besondere Touristenattraktion.
Ein Besuch im Schlumpfenland
Ich hätte da nichts dagegen. Nur eines muss ich euch Andalusiern dann doch raten: Touristenattraktionen brauchen auch befahrbare Zugangsstraßen. Also wäre vielleicht eine mindestens fünf Meter breite Straße mit einem gut sichtbaren Mittelstreifen die erste notwendige Errungenschaft für euch, wenn ihr nicht wollt, dass eure Besucher schon auf der Hinfahrt einen Herzinfarkt bekommen...
nadinemes am 04. November 12
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Deutschland : Eine Sommerreise - Teil 5 : Posso? Si, claro!
Nach einem so lustigen Abend fiel es mir natürlich umso schwerer, an den Abschied zu denken. Aber der Flieger war gebucht, die Abreise geplant und in Spanien wartete jemand sehnsüchtig auf mich. Also verbrachte ich die Nacht noch einmal in der Hauptstadt und hatte immerhin noch genug Zeit, mit dem zweiten Geburtstagskind zu frühstücken.
Und dann wieder zum Flughafen. Eigentlich hätte ich ja schon längst am vielbeschriebenen neuen Großflughafen starten sollen, aber nein. Es ging wieder zum alten Schönefeld. Immerhin kenne ich mich dort einigermaßen aus. Mein Flug ging – jetzt wird es lustig – über Mailand / Bergamo.
Heutzutage ist es tatsächlich günstiger, einen Zwischenstopp in einem anderen Land zu machen, das nicht mal mit auf dem Weg liegt, als direkt von A nach B zu fliegen. Dafür musste ich dann allerdings auch fünf Stunden am italienischen Flughafen warten. Ein bisschen Sonne tanken, ein bisschen lesen, ein bisschen nervös auf die Abflugstafeln starren. Hatte ich mich vielleicht doch geirrt in der Zeit? Ich hatte mich nicht geirrt.
Pünktlich zwei Stunden vor Abflug stand ich vor der Sicherheitsbeamtin, die mich noch einmal durchfilzen wollte. „Posso?“, fragte sie, was italienisch ist für „Darf ich?“. Meine spontane spanische Antwort „Si, claro!“, verstand sie allerdings nicht. Ich hätte doch „Si, certo!“, sagen sollen, aber so schnell konnte ich nicht umschalten. Ich hätte allerdings gedacht, ein einfaches „Ja“ würde ihr reichen. Dann versuchte sie es noch einmal auf Englisch, fragte mich dafür erst mal, ob ich denn diese Sprache spräche und fand dann endlich den Mut, mit ihrem Pieper über meine Sachen zu gleiten. Natürlich fand sie nichts und ich konnte weiter gehen.
Noch zwei Stunden wartete ich im Flughafen, der mir dieses Mal sehr lebendig vorkam. Das letzte Mal, als ich von dort abgeflogen war, war es neun Uhr abends gewesen und alle Geschäfte geschlossen. Jetzt aber gab es Mode, Souvenirs, Knabbereien zu kaufen. Hunderte Fluggäste tummelten sich an den verschiedenen Gates. Ein paar Deutsche, ein paar Italiener, ein paar Spanier und sehr viele bilinguale Kinder. Ich finde es immer wieder lustig, denen zuzuhören. „Mama, der Koffer é rotto!“ „Kaputt, mein Kind. Er ist kaputt.“ Dann wurde es Zeit einzusteigen. Ich fand einen Platz, lehnte mich zurück und wenige Stunden später begrüßte mich der spanische Sonnenuntergang.
nadinemes am 14. September 12
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Deutschland : Eine Sommerreise - Teil 3 : Letzter Zwischenstopp in Brandenburgs Hauptstadt
Manchmal ist man überrascht, wie gut eine Oma mit fast 80 Jahren noch in Form sein kann. Immerhin muss ich zu meiner Verteidigung sagen, dass ich ja auch ein paar anstrengende Tage und ziemlich viele Kilometer hinter mir hatte, als ich am Dienstagabend auf ihrer Couch saß und mehr schlafend als wachend ihren Geschichten zuhörte. Da passierte es doch dann tatsächlich, dass ich ihr nach Mitternacht sagen musste, dass es jetzt wirklich Schlafenszeit für mich sei. Ich konnte ja nicht ahnen, dass sich das am nächsten Tag noch einmal wiederholen würde.
Auch da nämlich überraschte sie mich mit ihrer Vitalität. Noch vor dem Mittagessen spazierten wir durch die Stadt auf der Suche nach einem passenden Geburtstagsgeschenk für das zweite Augustgeburtstagskind. Durch vielerlei schlaue Bücher wühlten wir uns im „Internationalen Buch“ in Potsdam – ein Laden, den ich Lesern, die mehr als nur den letzten Spiegelbestseller suchen, wärmstens empfehlen kann.
Tatsächlich wurde ich fündig und wir kehrten glücklich, weil erfolgreich wieder heim. Nach einem leckeren Mittagsgericht machten wir uns auf den Weg zur nächstgelegenen Anlegestelle der Weißen Flotte und dann ging es mit dem Schiff zwei Stunden lang über den Wannsee. Von dem guten Wetter könnten sich die Asturianer gerne einmal eine Scheibe abschneiden. Keine Wolke war zu sehen, kein Regentropfen fiel und vor allem fiel mir erstmals auf, wie gering die Luftfeuchtigkeit in Berlin und Brandenburg im Vergleich zu Asturien ist. Natürlich habe ich auch geschwitzt bei der Hitze. Aber zumindest klebte mein T-Shirt nicht gleich an der Haut fest.
Traumhafter Blick auf den Berliner Wannsee - Wer sagt da noch, dass Deutschland nicht schön ist?
Auch nach der Rückkehr auf das Festland waren wir vom Mittag noch gut gesättigt. Ein echt deutsches Kaffeetrinken durfte aber nicht einfach ausgelassen werden. Einem Pfann- und Spritzkuchen – sonst kriege ich das ja nicht, deswegen beides – folgte ein Tellerchen voll Eis.
Erneut überraschte mich meine Oma, als sie mich abends fragte, ob wir nicht noch um die Häuser ziehen wollten. Natürlich bedeutete das in diesem Fall nicht, dass wir uns in Miniröcke gequetscht und durch die Clubs getanzt hätten. Stattdessen spazierten wir gemütlich durch das Holländerviertel und landeten auf der Terasse eines italienischen Restaurants. Der Duft der Pizza unserer Nachbarn war so verführerisch, dass wir zumindest eine Portion Bruschetta bestellen mussten. Auf unsere Getränke warteten wir eine kleine Weile. Und dann wurden sie auch noch vertauscht auf den Tisch gestellt. Es ist aber auch verwirrend, wenn das scheinbar noch junge Mädchen sich für einen Limoncello – einen typischen Zitronenlikör aus dem Süden Italiens – entscheidet und ihre Großmutter einfach nur eine große Apfelsaftschorle bestellt. Es war schon fast 22 Uhr, als wir wieder zu Hause ankamen, und wieder fast Mitternacht, als ich meine Oma völlig übermüdet überzeugen musste, dass wir doch bald ins Bett gehen sollten. Man merkt schon, auch ich bin nicht mehr die Jüngste.
Das Holländerviertel in Potsdam - So viele rote Backsteine!
Am frühen Nachmittag des nächsten Tages rollte ich bereits wieder mit meinem Handgepäckkoffer durch die Straßen. Meine Oma begleitete mich noch zum Busbahnhof, wo ich auf eine ehemalige Chorkollegin traf. Da auch wir uns seit einer halben Ewigkeit nicht mehr gesehen hatten, erschien die Busfahrt nach Ludwigsfelde auch nur noch halb so lang. Dann trappelte ich den altbekannten Weg über den Nettoparkplatz zu meiner alten Straße und klingelte an der Haustür meiner ahnungslosen Eltern...
nadinemes am 15. August 12
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Deutschland : Eine Sommerreise - Teil 2 : Weiterfahren
Ich blieb nicht lange in Hagen. Ich hätte es auch nicht lange gekonnt, denn mit meiner ehemaligen Kommilitonin quatschte ich von meiner Ankunft bis zur Abfahrt am frühen Nachmittag des nächsten Tages ohne Unterlass. Nur wenige Stunden Schlaf unterbrachen unser Gespräch, meine Abfahrt nach Lüdighausen beendete es vorerst. Den Rest besprechen wir dann wohl über Telefon und Internet.
Meine Reise von Hagen nach Lüdinghausen verlief soweit problemlos. Ich konnte mir sogar die 4,25 Euro, die 25 Prozent des Fahrpreises vom Vortag zurückerstatten lassen. Als ich mich an der Information beraten lassen wollte, wie und wo ich das machen könne, erlebte ich mal wieder ein Musterbeispiel des Servicegedankens der Deutschen Bahn. Ich bin aber auch unhöflich! Nicht nur, dass ich durch meine Frage zum weiteren Vorgehen die beiden Damen an der Information in ihrem Gespräch unterbrochen hatte – Schade eigentlich! Ich hätte gerne mehr über den jungen Mann erfahren, der beim Tanzen auf der Party der vorherigen Nacht wie immer die Girlanden heruntergerissen hatte! – Ich hatte es außerdem gewagt, das Fahrgastrechtformular völlig unausgefüllt auf ihren Tisch zu legen, eigentlich mehr als Veranschaulichung zu meiner Frage. „Und das haben sie auch gar nicht weiter ausgefüllt, oder so!“, wurde ich angeblafft, bevor ich überhaupt irgendeine Information erbitten konnte. Man schickte mich weiter ins Servicezentrum, wo ich dann auch freundlich bedient wurde. Unfreundlich zu sein ist also kein generelles Einstellungskriterium bei der Deutschen Bahn.
In Lüdinghausen kam ich plangemäß an und obwohl ich bereits gut zu Mittag gegessen hatte, konnte ich der Idee, am Abend zu grillen sehr viel abgewinnen. In Deutschland habe wir nämlich eine bestimmte Esskultur, die man hier in Spanien nicht so kennt: Soßen! Grillsoße, Currysoße, Joghurtdressing, Tomatenketchup, Senf und noch einiges mehr stand hier auf dem Tisch und ich langte beim Fleisch gerne noch öfter zu, allein schon, um es noch in eine weitere Soße tunken zu können. Auch am nächsten Tag wurde ich reichlich mit allerlei Leckerem versorgt. Wie gut, dass wir noch zwei Stunden Fahrradfahren und drei Stunden in der Schwimmhalle auf dem Plan hatten. Man will ja auch nach dem Urlaub noch im Bikini über den Strand laufen können.
Bereits am Dienstagvormittag musste ich mich wieder einmal von meiner Freundin verabschieden. Ich hatte mir eine Mitfahrgelegenheit von Dortmund nach Berlin besorgt und stand bereits eineinhalb Stunden vor der vereinbarten Zeit am Dortmunder Bahnhof. Am vereinbarten Treffpunkt hatte ich mich bereits zwanzig Minuten vor der Zeit aufgestellt – eine dumme Idee, wie sich herausstellte. Offenbar war der Fahrer nämlich der Meinung, ich hätte in Kreisen über den Parkplatz laufen müssen, um ihn mit den spärlichen Informationen, die ich über sein Auto hatte; die Farbe und Marke des Fahrzeugs, zu finden. Ich tat es nicht. Stattdessen stand ich wie alle anderen, die auf einen Abholer oder eine Mitfahrgelegenheit warteten vor dem kleinen Kreisel vor McDonalds, der für solche Gelegenheiten wie gemacht ist und wartete auf ihn. Als ich zehn Minuten nach der geplanten Abfahrtszeit anrief, waren der Fahrer und sein Begleiter schon losgefahren. „Wir drehen jetzt auch nicht noch einmal um!“, wurde mir am Telefon entgegengeworfen und aufgelegt. Ich fluchte und ging in den Bahnhof, um mir am nächsten Automaten ein möglichst günstiges Ticket zu holen. Wozu hatte der Kerl eigentlich meine Telefonnummer bekommen? Egal! Acht Stunden und fünf Mal umsteigen später landete ich in Potsdam auf dem Hauptbahnhof, wo mich meine Oma überraschenderweise abholte. Mein Ärger war inzwischen verflogen. Nur um die Zeit war es schade, aber mir blieben ja noch eineinhalb Tage, bis ich als Überraschungsgast über die Türschwelle meiner Eltern treten wollte.
nadinemes am 12. August 12
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Deutschland : Eine Sommerreise - Teil 1 : Ankommen
„Ich bin zurück in der Zivilisation“, schrieb vor Kurzem eine Freundin in einem bekannten sozialen Netzwerk, nachdem sie Oviedo verlassen und wieder nach Deutschland gezogen war. Als ich allerdings vor knapp zwei Wochen meine Füße auf deutschen Boden setzte, schien es mir eher andersherum zu sein.
Ich hatte bereits morgens gegen acht Uhr das Haus verlassen, war zweieinhalb Stunden durch den Regen gefahren und hatte mich schweren Herzens von meiner besseren Hälfte verabschiedet, um meiner Heimat und meiner Geburtstagsmama einen Besuch abzustatten. Wie die Fluggesellschaften es aber immer so wollen flog ich nicht direkt nach Berlin, sondern nach Frankfurt/Hahn. Dorthin nämlich kam ich von Asturien aus am günstigsten und langsam glaube ich auch zu wissen warum:
Frankfurt/Hahn ist ein verhältnismäßig kleiner Flughafen. Von einem Ende zum anderen läuft man vielleicht fünf Minuten, mit schweren Koffern höchstens zehn. In der Zeit kommt man im Terminal 4 in Madrid gerade mal an einem viertel der Gates vorbei. Aber ich war nicht in Madrid. Ich war in Frankfurt/Hahn und wollte bis zum Abend ganz gerne in Hagen ankommen, wo ich eine Nacht bei einer Freundin verbringen sollte. Die Reise dahin hatte ich bestens geplant, ich wusste, wann und wo ich umsteigen musste, ich wusste, von welchem Gleis ich zu welchem anderen Gleis musste und wie lange die Fahrten dauern sollten. Was ich nicht wusste war, wo am Flughafen Frankfurt/Hahn der Bus nach Koblenz abfahren würde, aber es konnte ja nicht so schwer sein, das herauszufinden. Immerhin war ich ja in einem Land, das für seine gute Organisation berühmt berüchtigt ist und die Landessprache war meine Muttersprache. Aber da hatte ich falsch gedacht!
Zunächst einmal endete das Schilderleitsystem zu den Bussen mitten im Flughafen, ohne einen Hinweis darauf, wohin man sich nun richten sollte. Direkt vor dem Ausgang standen dann auch nur die Busse zu den nächstgelegenen Großstädten und vor dem Ticketschalter stand eine große Schlange. An der Reiseinformation im Flughafen konnte mir die Dame von der Deutschen Bahn keinerlei Auskunft dazu geben, wo eventuelle Busse fahren. „Wir sind hier von der Deutschen Bahn. Wegen der Busse müssen Sie schon zur Businformation gehen“, wurde mir unfreundlich entgegengeworfen. Immerhin wusste sie, wo diese zu finden sein sollte. Ich entschloss mich, einfach außen am Flughafen entlang zu laufen. Möglicherweise gab es ja doch noch irgendwo eine weitere Busspur und wenn nicht, konnte ich auf der anderen Seite wieder hinein und zur Businformation gehen. Es gab weitere Busse, nur konnte man nicht erkennen, wohin sie fahren sollten. Der Busfahrer, den ich nach Koblenz fragte, konnte mir auch keine Informationen geben. Stattdessen schickte er mich ebenfalls zur „Information dans l’aéroport“. Er sprach nur Französisch!
Die Businformation war nicht besetzt. Ein freundliches Schild wies darauf hin, dass man gleich wieder beraten werden würde, nur eben jetzt nicht. Allerdings stand ein Herr mit Mitarbeiterausweis und Krücken vor dem Schalter und gab sämtlichen Wartenden Antwort auf ihre Fragen – wenn er auch nicht wusste, wie aktuell seine Informationen seien. So erfuhr ich, dass hinter dem Parkplatzwächterhäuschen noch ein großer Busbahnhof sei, von welchem auch der Bus nach Koblenz abfahren sollte. Fahrscheine gab es entweder dort, oder beim Ticketschalter vor dem Flughafen. Ich nahm mit meinen Köfferchen und zog los.
Ein Parkplatzwächterhäuschen gab es nicht. Dafür aber einen kleinen Unterstand, an welchem man seine Parkscheine lösen konnte und eine nette Dame, die wartend davor stand. Von ihr erfuhr ich, dass der Busbahnhof die Straße runter sei. Ich folgte dem Weg, den sie mir gezeigt hatte, sah mich aber nur auf Felder und Landstraßen zugehen. Sollte ich jetzt bis nach Koblenz laufen? Nein, ich hatte Glück, tatsächlich gab es einen Busbahnhof. Er hatte sich nur frecherweise hinter dem neugebauten Parkhaus versteckt und niemand hatte daran gedacht, ihn irgendwie auszuschildern. Allerdings gab es dort keinen Ticketautomaten. Also lief ich zurück zum Tickethäuschen am Flughafen. Auch hier konnte man mir nach Koblenz keinen Fahrschein verkaufen. Außerdem sagte man mir, der nächste Bus käme 17.15 Uhr, statt 16 Uhr, was bedeutet hätte, dass ich meine sämtlichen Zugverbindungen verpassen würde. Aber zum Glück gab das Internet mir recht. Der zuständige Verkäufer war nicht über die Fahrplanänderungen informiert worden und hatte noch die alten Fahrzeiten an der Wand zu kleben. Gut, wenn man nicht alles glaubt, was die Information einem sagt.
Ich kaufte meinen Fahrschein im Bus selbst, fuhr nach Koblenz und von dort aus mit dem Zug nach Köln. Von Köln nach Hagen ging es weiter im IC. Zumindest vorerst. Ganze zehn Minuten waren wir gefahren, bevor der Zug auf unbestimmte Zeit halten musste. Es gäbe eine Signalstörung, sagte man uns. Dann hieß es plötzlich, ein Stellwerkschaden hätte den gesamten Bahnverkehr in der Umgebung aufgehalten und wir ständen Schlange, um irgendwie weiter zu kommen. Die Fahrt ging weiter bis zum nächsten Bahnhof, wo wir auf Wunsch aussteigen oder sitzenbleiben konnten. Nach einer Stunde verteilte der freundliche Bahnschaffner Fahrgastrechtbriefe – mit mehr als einer Stunde Verspätung hatten wir nämlich das Recht, 25 Prozent unseres Fahrpreises zu reklamieren. Der Vater und seine vier Söhne, die mir gegenüber saßen konnten sogar noch mehr sparen. Sie waren schon wegen eines „Personenschadens“ auf einem Bahnhof sitzen geblieben und freuten sich nun über satte 100 Euro, die sie zurückbekommen würde. Die Jungs hielten sich auch tapfer mit jeweils einem Freigetränk und einem Wassereis aus dem Speisewagen. Nur, ob sie den Bus nach Hause noch kriegen würden, wussten sie nicht. Die Fahrt ging weiter. Den Kritischen Bereich um Solingen umfuhren wir einfach und hielten stattdessen in Düsseldorf. Der Rest der Strecke wurde planmäßig abgefahren – nur eben 80 Minuten später.
Nach dreizehn Stunden Flug-, Fahrt- und Wartezeit erreichte auch ich vorerst mein Ziel. Am Bahnhof Hagen wurde ich abgeholt und wenige Minuten später saß ich schon mit einem Glas Wein in der Küche. Ein Prosit, sage ich da nur, auf die deutschen Verkehrsbetriebe!
nadinemes am 09. August 12
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Barcelooooooona!!!!!
Keine Stadt ist wie die andere. Aber seien wir ehrlich: Viele Städte ähneln sich doch sehr stark. Besonders in Großstädten kann man immer wieder Parallelen ziehen: Hier ist das historische Viertel, hier der Dom oder die Kathedrale, ein paar Kilometer weiter gliedern sich die großen Wohngebiete an, etwas weiter abseits jene, in denen die wohlhabenderen Leute in ihren hübschen Villen leben und irgendwo im Umfeld findet sich meist ein großer Bereich für die Industrie. Barcelona macht da keine Ausnahme. Oder doch? Prinzipiell folgt die zweitgrößte Stadt Spaniens durchaus diesem Prinzip. Dennoch blitzen hier und dort immer wieder ein paar Sehenswürdigkeiten auf, die den wohlwollenden Besucher aus der Großstadtlethargie herausreißen und ihm entgegen rufen: „Sieh mich an! Ich bin einzigartig.“ Diese Einzigartigkeit hat einen Namen. Man bezeichnet sie als katalanischen Modernismus, oder präziser gesagt: Gaudí.
Schon als ich in Vorbereitung auf unseren „Zwischenstopp“ in Barcelona im Reiseführer blätterte, blieb ich immer wieder auf den entsprechenden Seiten hängen. Im Nachhinein muss ich zugeben, dass ich sehr froh bin, keinen günstigen Direktflug nach Berlin gefunden zu haben, um das Osterfest dort zu verbringen. Wer weiß, wann wir uns sonst einmal die Zeit genommen hätten, diese Stadt zu erkunden. Als Hauptstadt Kataloniens gehört Barcelona schließlich nicht zu den Lieblingsorten eines traditionsbewussten Spaniers. Katalonien nämlich kämpft um seine Unabhängigkeit. Hier möchte man nicht zum Königreich gehören und macht das auch deutlich klar: Sämtliche Straßenschilder, Speisekarten, Hotelinformationen, Ausstellungsbeschriftungen und Werbebanner müssen per Gesetz in Katalan verfasst sein. Auf besonderen Wunsch oder Service hin kann man auch noch den spanischen, und gegebenenfalls auch den englischen Text dazu schreiben. Aber prinzipiell ist erst mal Katalan die höchste Pflicht. Merkwürdig ist es da schon, wenn selbst die Bauarbeiter auf der Straße nicht von der vermeintlichen eigenen Volkssprache Gebrauch machen, sondern reinstes Spanisch sprechen. Fast scheint es, als wäre diese Liebe zum Dialekt nur von der Obrigkeit aufgedrückt, die damit den Gegenzug zum Dialektverbot unter der Herrschaft Francos antreten. Wem das nun etwas nutzen soll, darüber möchte ich mir hier kein Urteil erlauben. Als Tourist allerdings möchte ich sagen, dass es schließlich schon schwer genug ist, sich des Spanischen zu ermächtigen. Ein paar Hinweisschilder in der Landessprache wären mir persönlich also sehr lieb gewesen.
Aber irgendwie kommen sie ja anscheinend alle klar: Die Engländer, Amerikaner, Franzosen und vor allem die zahllosen Deutschen, die vier Tage lang mit uns durch die Straßen Barcelonas zogen. Fast schon konnte man meinen, auf Mallorca angekommen zu sein, so oft hörten wir unsere Mitmenschen auf Deutsch sprechen. Vor allem natürlich traf man sich an den großen Touristenorten: In „Las Ramblas“, eine Reihe von Einkaufsstraßen, in denen inzwischen hauptsächlich Souvenirläden residieren, im Meeresmuseum, auf dem Königsplatz und dem Platz des Königs (ja, es gibt beide), am Hafen und natürlich vor den Bauwerken Gaudís, die sich hauptsächlich im Stadtteil l’Eixample verteilen. Besonders markant: Die neue Kathedrale von Barcelona.
Bereits 1883 hatte der Architekt Antonio Gaudí mit dem Bau dieses Kunstwerkes begonnen. Fertiggestellt ist es aber bis heute nicht, wovon die großen Kräne über den Kathedralstürmen zeugen. Während Gaudí sich vorrangig an den Strukturen orientierte, die auch in der Natur vorkommen, wird seit seinem Tod ein eher expressionistischer Stil verfolgt. Eine explosive Mischung, die nicht immer gut zusammenpasst. Einzigartig macht sie das Gebäude dagegen auf jeden Fall.
Die "Sagrada Familia" von innen
Reinen „Modernismo Catalá“ kann man im Park Güell betrachten. Hoch über Barcelona, mitten in nahezu ungetrübter Wildnis, finden sich Bauten und Skulpturen, Brücken und Anlagen, die genauso mit der Natur verschmelzen, wie sie sich von alltäglichen Strukturen abheben. Der Ausblick von den Anhöhen Barcelonas auf die Stadt und das Meer ist wirklich eine kleine Metro-Reise wert. Genau wie der große Salamander, der zusammen mit dem Mosaikstil, in den er gekleidet ist, sozusagen zum Grundelement der Souvenirshops und T-Shirt-Designer Kataloniens wurde.
Das andere Grundelement, der Stierkampf, für den Spanien ja weltweit bekannt ist, wurde in Barcelona übrigens inzwischen verboten. Somit steht eine der beiden Stierkampfarenen nun leer. Die andere dagegen wurde längst in ein riesiges Einkaufszentrum mit Aussichtsterrasse umgebaut. Hier wird also so schnell kein Stierkämpfer mehr sein rotes Tüchlein schwingen.
Eine leere Stierkampfarena
Wer nun ein bisschen Lust bekommen hat, sich diese Stadt auch einmal anzusehen, dem kann ich nur raten, einmal im Früh- oder Spätsommer zu kommen. Wenn bei den stundenlangen Erkundungsgängen nicht immer die Füße nass werden, macht es doch viel mehr Spaß und auch die Fotos werden etwas heller und freundlicher. Im Sommer hingegen wird es vermutlich zu heiß sein, um sich vom Strand wegzubewegen, aber das ist Hören-Sagen. Tatsache ist, dass bereits eine gute Verbindung mit Ryanair und Easyjet zu verschiedenen Städten Deutschlands besteht, und dass auch die Auswahl an Reiseführern im deutschen Fachhandel nicht zu knapp sein dürfte. Insofern: Plant es mal mit ein, wenn Zeit und Geld es hergeben. Ich kann diese Stadt nur wärmstens empfehlen.
nadinemes am 22. April 12
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Der Frosch auf dem Totenschädel
Die Spanier haben einen komischen Humor. Manchmal zumindest weiß ich nicht so richtig, ob ich lachen soll, oder ob ich lieber demonstrativ irritiert eine Augenbraue hochziehe. Wie wäre es denn zum Beispiel, wenn man die alten ehrwürdigen Mauern des Berliner Doms restaurieren müsste und als kleines Novum zum langweiligen Original einen kleinen Astronauten in die Fassade ritzt? Grausam, oder? Versuchen wir nicht sonst immer, alte Kulturschätze so detailgetreu wie möglich zu bewahren? Nein, ein Kosmonaut in den jahrhundertealten Gefilden wiederzuentdecken ist doch witzig. Und Humor ist doch viel wichtiger als Kulturgut. Aber beginne ich doch erst mal von vorn.
Wir hatten (mal wieder) Urlaub. Und da wir nicht neun Tage im trübsten Dezember zuhause hocken wollten, haben wir uns einfach ein bisschen Sonne bestellt und sind gen Süden gefahren. Erneut nach Kastilien. Aber Kastilien ist flächenmäßig eben viel größer als Asturien und bietet allein deswegen auch ein paar mehr Reiseziele. León zum Beispiel, mit seiner gotischen Kathedrale oder Zamora mit der romanischen.
Die romanische Kathedrale in Zamora
Dort habe ich auch mein bisher leckerstes Fischgericht essen können: Kabeljau in Ziegenkäsesoße – einfach zum Dahinschmelzen. Natürlich nicht in der Kathedrale, selbst, sondern in dem wunderbaren kleinen Restaurant „El Mirador“ von dem man, ganz dem Namen nach, eine schöne Aussicht auf den Fluss Duero hat. Neben der mittelalterlichen „Puente de Piedra“ und den alten Burgmauern sind hier auch die tierischen Architekturkünste sehenswert: Storchennester so weit das Auge reicht und die schwarz-weißen Federtiere überall. In Scharen, die ich sonst eher von Spatzen oder Tauben kenne, flogen sie über die Stadt und ließen sich überall nieder, wo es Platz gab, egal, ob das Gemäuer nun fünf oder fünfhundert Jahre alt war.
Puente de Piedra (Zamora)
Aber wir mussten weiter. Das Hotel war schließlich nicht hier, sondern in Salamanca gebucht und wartete auf unseren Besuch. Etwa eine ruhige Autobahnstunde später erreichten wir die älteste Universitätsstadt Spaniens, soll heißen, die Stadt mit der ältesten Universität Spaniens. Und tatsächlich, auch derzeit tummeln sich hier noch allerlei Studenten. Das Durchschnittsalter der Menschen auf den Straßen liegt etwa 30 Jahre unter dem der Leute, denen ich täglich in Grado begegne. Und es war laut. Ein ständiges Flattern und Fiepen, nicht etwa von angetrunkenen Jugendlichen, sondern vielmehr von den völlig verwirrten Vögeln auf den Monumenten. Wer könnte es ihnen verübeln, dass sie aufgebracht sind, wenn die Mauern so stark beleuchtet sind, dass ich trotz schwarzem Sternenhimmels problemlos ohne Blitz fotografieren konnte.
Plaza Mayor de Salamanca
Aber wir ließen uns von dem Gekreisch nicht beirren, sondern nutzten den Abend, um gleich die „wichtigsten“ Dinge unter die Lupe zu nehmen: Den Plaza Mayor, das Muschelhaus und die alte und die neue Kathedrale. Die letzten beiden sind übrigens in einem einzigen Gebäude „verwachsen“. Als nämlich im Jahre 1254 die vorherige „Allgemeinschule des Königreichs“ vom König Alfonso X zur Universität erhoben wurde, reichte die alte Kathedrale den Bedürfnissen der bald nicht mehr aus, um der hohen Studenten- und damit auch Einwohnerzahl gerecht zu werden. Also wurde an die alte Kathedrale einfach eine neue, erheblich größere Kathedrale angefügt, sodass das Gesamtgebäude eine sehr ungewöhnliche Struktur erhielt.
Die alte und neue Kathedrale
Und an der Fassade der Kathedrale, der Universität und sämtlicher anderer wichtiger Gebäude sieht man ständig das Wort „Victor“ aufblitzen. Natürlich in leicht verschlüsselter, symbolisierter Form. Es ist nämlich Tradition, nach vollendetem Abschluss dieses Siegeszeichen, ergänzt durch den eigenen Namen an den Dom zu malen. Da der aber sicherlich bald mit diesen Symbolen zugekleistert sein würde, suchen sich die Studenten nun neue Wände dafür. Praktisch eigentlich: Wenn an der Humboldt-Universität jemand so etwas machen würde, könnten die Gebäudereiniger gleich den Namen des Schuldigen ablesen und ihn mit einer Ordnungsklage zur Rechenschaft ziehen. Es ist eben eine andere Welt.
"Victor"-Symbole in der Universität
In Berlin sucht man schließlich auch nicht nach Fröschen, um die Prüfung zu bestehen. Ich weiß nicht, welche zahllosen Glücksrituale deutsche Studierende so haben. Hier in Salamanca jedenfalls heißt es, wer ohne Hilfe an der Fassade der Universität den Frosch auf dem Totenschädel fände, müsse ums Bestehen nicht mehr bangen. Na dann Glück auf an alle Studenten und viel Spaß beim Suchen. Vielleicht gibt es für den Astronauten ja auch noch Extrapunkte.
Die Fassade der Universität von Salamanca - mit Frosch (irgendwo)
Wir jedenfalls nutzten den Folgetag, um die Stadt noch einmal ausgiebig im Tageslicht zu begutachten. Am Donnerstag ging es dann über Umwege weiter nach Valladolid. Unglaublich kalt, diese Stadt. Nicht, dass mir nicht bewusst wäre, wie viel kälter es derzeit in Deutschland ist, aber der Sonnen-Wolken-Unterschied von einem Tag zum anderen wirkte wie ein Standortwechsel nach Alaska. Zu allem Überfluss waren auch noch sämtliche Restaurants entweder völlig überteuert, oder nur ein wenig überteuert und dafür rammelvoll. Aber wir haben am Ende doch noch etwas zu essen gefunden und nach einer schnellen Stadtbesichtigung – rennen macht ja bekanntlich warm – ging es wieder zurück nach Hause.
Valladolid im Weihnachtsfieber
nadinemes am 13. Dezember 11
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Reise nach Galizien
Die Sonne versinkt im orange-rosanen Himmel hinter der Mauern der Kathedrale. Die Glocken läuten ein letztes Mal, bevor auch hier die Tore geschlossen werden. Unzählige Pilger drängen sich durch die Straßen, hinter sich viele Tage langer und anstrengender Märsche, vor sich Tüten voller Souvenirs und gemütliche Stunden in den belebten Bars.
Google-Maps hat sich geirrt. Von Grado bis Santiago de Compostela in Galizien braucht es keine vier Stunden, sondern nur etwas mehr als drei. Mit dem Auto, versteht sich. Denn wir hatten nur fünf Tage um uns die Hauptstadt aller Pilger sowie die schönsten Plätze der Nordwestküste Spaniens anzusehen. Den Samstag widmeten wir ausschließlich Santiago. Hier wo sich die Pilger an St. Jakobs Grab die Klinke in die Hand geben, wird die Messe nicht nur in fünf Sprachen gehalten, sondern auch auf mehrere Fernsehbildschirme, die in der Kathedrale verteilt sind, übertragen. Wer ein bisschen Glück braucht, stellt sich in die lange Schlage, die zur Jakobsstatue führt, um deren Gewand zu berühren. Und damit auch wirklich jeder versteht, was hier nur in Gallego – also dem Regionaldialekt – und nicht einmal im reinen Spanisch auf den Tafeln geschrieben steht, gibt es auch einen Audioguide.
Durch die Stadt muss man sich dann aber selbst durchschlagen. Und wenn es darum geht, ein gutes Restaurant zu suchen, helfen die vielen guten Ratschläge in den Reiseführern erheblich weiter. Liebhaber von Meeresfrüchten werden hier auf jeden Fall auf ihre Kosten kommen. Fast überall können sie ihrem noch lebendigen Essen direkt ins Gesicht schauen, bevor es gekocht und serviert wird. Ein merkwürdiger Brauch, der Frische garantiert, aber meinem Magen deswegen nicht unbedingt Gutes tut.
Da empfehle ich doch eher das kleine Restaurant nur wenige Meter von der Kathedrale entfernt, in dem die Speisekarte in Form einer großen Kreidetafel direkt an den Tisch gehängt wird. Das Ambiente ist auf alle Fälle einen Besuch Wert und das Essen in Galizien generell nicht besonders teuer.
Weiter ging es für uns, wie im Übrigen auch für viele Pilger, die den Begriff wörtlich nehmen, nach Finisterre – ein kleiner Zipfel der spanischen Küste, der angeblich den westlichsten Punkt Europas darstellt. Mit der Karte in der Hand merkt man recht schnell, dass das wohl eine kleine Übertreibung ist, immerhin reicht Portugal noch ein ganzes Stück tiefer in den Ozean hinein und auch Spanien hat ein paar westlichere Punkte. Dennoch hat Finisterre seinen Reiz. Die Aussicht ist ausgesprochen schön und spätestens, als aus einem Kaffeefahrtenbus eine Gruppe deutscher Senioren ausstieg, und sich in japanischer Manier abwechselnd vor der Kulisse fotografieren ließ, hatte sich die Reise für uns gelohnt.
Nach gemütlicher Fahrt erreichten wir dann unser nächstes Feriendomizil: Die Casa de Lema. Hier in Galizien sind diese sogenannten „Casas rurales“ sehr häufig anzutreffen und auch sehr beliebt. Statt in einem großen, anonymen Hotel mietet man sich in einem Zimmer der ländlich anmutenden Pension ein und genießt die Ruhe und Einsamkeit der Dorfumgebung. Diese Häuser bestechen vor allem durch die vielen kleinen Details und da ich davon absolut begeistert war, ist es wohl angebracht auch mal ein wenig Werbung in diesem Blog zu machen.
http://www.casadelema.com/
Eine laue Sommernacht, ein Buch in der Hand, der Sonnenuntergang über den Baumspitzen... Was will man mehr?
Gut ausgeruht und voller Tatendrang fuhren wir weiter die Küste entlang nach La Coruña. Diese Stadt ist berühmt für die weißen Fensterfassaden. Sie bedecken die gesamte Hauswand und wenn des Abends die Sonne untergeht, spiegelt sich darin das goldgelbe Licht der Abenddämmerung. Besonders schön ist auch der Spaziergang auf dem Paseo Maritimo, der gen Osten hin zu einem Leuchtturm führt, der noch von den Römern erbaut wurde. Es handelt sich um den ältesten erhaltenen romanischen Leuchtturm der Welt – um ihn zu erklimmen, muss man 233 Stufen hinaufsteigen. Dann ist man zwar völlig außer Atem, aber hat dafür einen wunderbaren Blick auf das Meer und auf die Stadt.
Direkt von dort aus machten wir uns auf den Weg zu unserem letzten Schlafplatz, der Casa do Mudo. Jedoch nicht, ohne vorher noch einen Abstecher nach Bares zu machen, den nördlichsten Punkt Spaniens und nach Teixeiro, wo Kühe und Pferde frei auf Wiesen und Feldern herumlaufen und gerne auch mal ein Stier die bequeme Straße nutzt, um gemütlich seines Weges zu gehen, während verängstigte Touristen geduldig hinter ihm her schleichen.
Zum Abschluss unserer Reise fügte es sich, dass in der Casa do Mudo für diesen Abend eine Queimada geplant war. Zusammen mit einem englischen und einem australischen Urlauberpaar, bewunderten wir, wie der Gastgeber uns einen Umtrunk mixte, der im wahrsten Sinne des Wortes feurig ist. Denn hier wird hochprozentiger Alkohol mit Kaffeebohnen, Nüssen und Zucker sowie Orangen- und Zitronenschalen gemischt und dann angezündet. Man lässt das ganze so lange brennen, bis ein großer Teil des Alkohols verflogen ist – je nach Geschmack also länger oder kürzer – und serviert das glühweinartige Getränk dann in den traditionellen gebrannten Tontassen. Ein gelungener Abschluss einer schönen Reise – mit einem dreisprachigen: Salud, Cheers und Prost!
http://www.casadomudo.com/
nadinemes am 19. Oktober 11
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