Sonntag, 22. April 2012
Barcelooooooona!!!!!
Keine Stadt ist wie die andere. Aber seien wir ehrlich: Viele Städte ähneln sich doch sehr stark. Besonders in Großstädten kann man immer wieder Parallelen ziehen: Hier ist das historische Viertel, hier der Dom oder die Kathedrale, ein paar Kilometer weiter gliedern sich die großen Wohngebiete an, etwas weiter abseits jene, in denen die wohlhabenderen Leute in ihren hübschen Villen leben und irgendwo im Umfeld findet sich meist ein großer Bereich für die Industrie. Barcelona macht da keine Ausnahme. Oder doch? Prinzipiell folgt die zweitgrößte Stadt Spaniens durchaus diesem Prinzip. Dennoch blitzen hier und dort immer wieder ein paar Sehenswürdigkeiten auf, die den wohlwollenden Besucher aus der Großstadtlethargie herausreißen und ihm entgegen rufen: „Sieh mich an! Ich bin einzigartig.“ Diese Einzigartigkeit hat einen Namen. Man bezeichnet sie als katalanischen Modernismus, oder präziser gesagt: Gaudí.

Schon als ich in Vorbereitung auf unseren „Zwischenstopp“ in Barcelona im Reiseführer blätterte, blieb ich immer wieder auf den entsprechenden Seiten hängen. Im Nachhinein muss ich zugeben, dass ich sehr froh bin, keinen günstigen Direktflug nach Berlin gefunden zu haben, um das Osterfest dort zu verbringen. Wer weiß, wann wir uns sonst einmal die Zeit genommen hätten, diese Stadt zu erkunden. Als Hauptstadt Kataloniens gehört Barcelona schließlich nicht zu den Lieblingsorten eines traditionsbewussten Spaniers. Katalonien nämlich kämpft um seine Unabhängigkeit. Hier möchte man nicht zum Königreich gehören und macht das auch deutlich klar: Sämtliche Straßenschilder, Speisekarten, Hotelinformationen, Ausstellungsbeschriftungen und Werbebanner müssen per Gesetz in Katalan verfasst sein. Auf besonderen Wunsch oder Service hin kann man auch noch den spanischen, und gegebenenfalls auch den englischen Text dazu schreiben. Aber prinzipiell ist erst mal Katalan die höchste Pflicht. Merkwürdig ist es da schon, wenn selbst die Bauarbeiter auf der Straße nicht von der vermeintlichen eigenen Volkssprache Gebrauch machen, sondern reinstes Spanisch sprechen. Fast scheint es, als wäre diese Liebe zum Dialekt nur von der Obrigkeit aufgedrückt, die damit den Gegenzug zum Dialektverbot unter der Herrschaft Francos antreten. Wem das nun etwas nutzen soll, darüber möchte ich mir hier kein Urteil erlauben. Als Tourist allerdings möchte ich sagen, dass es schließlich schon schwer genug ist, sich des Spanischen zu ermächtigen. Ein paar Hinweisschilder in der Landessprache wären mir persönlich also sehr lieb gewesen.

Aber irgendwie kommen sie ja anscheinend alle klar: Die Engländer, Amerikaner, Franzosen und vor allem die zahllosen Deutschen, die vier Tage lang mit uns durch die Straßen Barcelonas zogen. Fast schon konnte man meinen, auf Mallorca angekommen zu sein, so oft hörten wir unsere Mitmenschen auf Deutsch sprechen. Vor allem natürlich traf man sich an den großen Touristenorten: In „Las Ramblas“, eine Reihe von Einkaufsstraßen, in denen inzwischen hauptsächlich Souvenirläden residieren, im Meeresmuseum, auf dem Königsplatz und dem Platz des Königs (ja, es gibt beide), am Hafen und natürlich vor den Bauwerken Gaudís, die sich hauptsächlich im Stadtteil l’Eixample verteilen. Besonders markant: Die neue Kathedrale von Barcelona.



Bereits 1883 hatte der Architekt Antonio Gaudí mit dem Bau dieses Kunstwerkes begonnen. Fertiggestellt ist es aber bis heute nicht, wovon die großen Kräne über den Kathedralstürmen zeugen. Während Gaudí sich vorrangig an den Strukturen orientierte, die auch in der Natur vorkommen, wird seit seinem Tod ein eher expressionistischer Stil verfolgt. Eine explosive Mischung, die nicht immer gut zusammenpasst. Einzigartig macht sie das Gebäude dagegen auf jeden Fall.


Die "Sagrada Familia" von innen

Reinen „Modernismo Catalá“ kann man im Park Güell betrachten. Hoch über Barcelona, mitten in nahezu ungetrübter Wildnis, finden sich Bauten und Skulpturen, Brücken und Anlagen, die genauso mit der Natur verschmelzen, wie sie sich von alltäglichen Strukturen abheben. Der Ausblick von den Anhöhen Barcelonas auf die Stadt und das Meer ist wirklich eine kleine Metro-Reise wert. Genau wie der große Salamander, der zusammen mit dem Mosaikstil, in den er gekleidet ist, sozusagen zum Grundelement der Souvenirshops und T-Shirt-Designer Kataloniens wurde.







Das andere Grundelement, der Stierkampf, für den Spanien ja weltweit bekannt ist, wurde in Barcelona übrigens inzwischen verboten. Somit steht eine der beiden Stierkampfarenen nun leer. Die andere dagegen wurde längst in ein riesiges Einkaufszentrum mit Aussichtsterrasse umgebaut. Hier wird also so schnell kein Stierkämpfer mehr sein rotes Tüchlein schwingen.


Eine leere Stierkampfarena

Wer nun ein bisschen Lust bekommen hat, sich diese Stadt auch einmal anzusehen, dem kann ich nur raten, einmal im Früh- oder Spätsommer zu kommen. Wenn bei den stundenlangen Erkundungsgängen nicht immer die Füße nass werden, macht es doch viel mehr Spaß und auch die Fotos werden etwas heller und freundlicher. Im Sommer hingegen wird es vermutlich zu heiß sein, um sich vom Strand wegzubewegen, aber das ist Hören-Sagen. Tatsache ist, dass bereits eine gute Verbindung mit Ryanair und Easyjet zu verschiedenen Städten Deutschlands besteht, und dass auch die Auswahl an Reiseführern im deutschen Fachhandel nicht zu knapp sein dürfte. Insofern: Plant es mal mit ein, wenn Zeit und Geld es hergeben. Ich kann diese Stadt nur wärmstens empfehlen.



Donnerstag, 29. März 2012
Guten Tag, ich bin der Schlüsseldienst!
In einem Moment denkt man, man geht zu einem gemütlichen Zusammentreffen mit Deutschen und Spaniern und im nächsten sitzt man schon am Café-Tisch und hat einen orangenen Post-It an der Stirn zu kleben. Aber immerhin durfte ich mir die Farbe des Zettelchens selbst aussuchen.

Die ganze Sache begann schon vor ein paar Wochen. Auf der Suche nach neuen Kontakten filzte ich das Internet und die mir bekannten sozialen Netzwerke und wurde fündig. Nicht etwa in spanischen oder internationalen Portalen, sondern im StudiVZ (ja, das gibt’s auch noch!). Während tuenti und facebook die Suche nach Interessengruppen nämlich ziemlich schwierig gestalten, ist das bei Studi ganz einfach. Prompt war ich auf der ERASMUS-in-Oviedo-Seite gelandet und hatte nicht nur Datum und den Ort für den wöchentlichen deutsch-spanischen Stammtisch ausgemacht, sondern auch noch meine Tandempartnerin kennengelernt.
Das heißt jetzt nicht, dass wir uns zu zweit auf ein Rad schwingen und selig durch die Gebirge fahren würden, das heißt, dass wir uns wöchentlich treffen und jeweils eine Stunde lang auf Deutsch und eine Stunde lang auf Spanisch über die wildesten Themen philosophieren.

Beim Stammtisch läuft das ähnlich, nur das er eine etwas hierarchischere Struktur hat. Es gibt einen spanischen Gruppenleiter – der seine Pflichten gerne an die deutsche Fremdsprachenassistentin abgibt –, ein paar deutsche, österreichische und schweitzer ERASMUS-Studentinnen, ein paar Spanier, die früher einmal in Deutschland waren und ihre Sprachkenntnisse nicht verlieren, sowie einige, die mal nach Deutschland gehen und ihre Sprachkenntnisse erweitern wollen. Und dieser ganze Mischmasch sitzt dann zusammen an einem Tisch und versucht, den Beruf, der ihm buchstäblich auf die Stirn geschrieben steht, zu erraten. Dafür muss er Ja-Nein-Fragen stellen und darf nur dann weiter fragen, wenn die Antwort auf die vorherige Frage „Ja“ war. In der Fremdsprache, selbstverständlich.

Dieses Unterfangen erwies sich als einigermaßen schwierig. Zunächst einmal können selbst die einfachsten Ja-Nein-Fragen meist nicht eindeutig beantwortet werden: „Arbeite ich drinnen?“ – „Immer oder hauptsächlich?“; „Arbeite ich mit Menschen zusammen?“ – „Meinst du als Kunden oder als Kollegen?“; „Brauche ich für meinen Beruf eine Ausbildung?“ – „In Deutschland oder in Spanien?“ Über die meisten Berufe weiß man eigentlich kaum etwas und selbst wenn man eine genaue Vorstellung hat, heißt das nicht, dass andere sie teilen. Ich zum Beispiel wurde während des Spiels kurzerhand zum „Cerrajero“, also zum Schlüsseldienst erklärt. Mal davon abgesehen, dass ich von dieses Wort im Spanischen zuvor nie gehört hatte, waren auch die Antworten meiner Mitspieler auf einige Fragen sehr verwirrend. Zum Beispiel wurde mir geantwortet, dass ich zwar mit Werkzeugen arbeite, aber nichts produziere. Davon ausgehend, dass „Cerrajero“ aber auch „Schlosser“ bedeuten kann, kenne ich doch wenigstens einen Leser, der hier protestieren würde.

Aber keine Sorge, ich habe mich gewehrt. Meine als Verneinung formulierten Fragen nämlich brachten die Spanier ganz schön ins Schwitzen. „Arbeite ich nicht mit Tieren?“ – „Ja, äh, nein, also ja!“ Und schon durfte ich weiter fragen und hinterließ ein dickes Fragezeichen über den Köpfen der spanischen Mitspieler.

Alles in allem macht so ein Stammtisch riesigen Spaß. Der Lerneffekt ist enorm, auch wenn man das zunächst kaum bemerkt. Nicht nur neue Vokabeln werden eingeführt und trainiert, man lernt auch einiges über das Bildungssystem des anderen Landes und über alle anderen Themen, die eben zufällig zur Sprache kommen. Allen Sprachenlernern empfehle ich also dringend: Sucht euch Tandempartner, sucht euch Stammtischgruppen und seid nicht zu schüchtern auch etwas zu sagen. Wir alle wissen, wie hart es manchmal ist, sich in der Fremdsprache auszudrücken. Gelacht wird da nur gemeinsam oder doch zumindest fair verteilt.