Nimm den Druck raus
Profesionalität ist ein großes Wort. Wir erwarten sie von allen, am meisten aber von uns selbst. Wie oft stellen wir die Arbeit vor unser Privatleben, weil es eben so sein muss? Aber muss es das denn? Als mir meine kleine Tochter das erste Mal in meine Homeoffice-Lehre dazwischenfunkte, gefiel mir das überhaupt nicht. Ich möchte schließlich qualitativen Unterricht geben, sofern das online überhaupt möglich ist, und da passte mir so ein lautes, für alle Schüler deutlich hörbares, "Bist du fertig, Mama?" nicht ins Bild. Aber warum eigentlich nicht? Für die Schüler war es ein Grund zum Schmunzeln, eine kleine Auflockerung und sicherlich nicht besonders störend - meine Nachbarn mit ihrem Hämmern und Bohren belasten da schon mehr.
In der Erziehung geht es mir oft ganz genauso. Die Dinge werden gemacht, wie sie gemacht werden müssen. Und wie genau sieht das aus? Darauf hat jeder seine eigenen Antworten und keine stimmt miteinander überein. Muss man eigentlich immer um 8 Uhr aufstehen? Im Moment gibt es dazu keinen triftigen Grund, ausser vielleicht, dass die Mittagsschlafzeit sich sonst zu weit nach hinten verschiebt. Aber was spricht denn dagegen, dem herzzerreißenden "Ich möchte noch ein bisschen kuscheln!" nachzugeben? Oder einem "Ich möchte jetzt den Boden wischen!". Klar habe ich in diesem Moment dann erstmal etwas mehr Arbeit, die Pfützen im Bad wieder wegzukriegen, aber wer weiB, vielleicht entwickelt sich dieses Verhalten ja so weiter, dass ich in zwei oder drei Jahren eine richtige kleine Haushaltshilfe habe. Summa summarum glaube ich wirklich, dass es sich lohnt, scheinbar klare, allgemeingültige Normen einfach mal zu hinterfragen. Ich wenn ich auf das traurige "Warum?" meiner Tochter keine ehrliche und sinnvolle Antwort geben kann, dann hatte die Regel vielleicht doch nicht so viel Bestand. Und dann nehme ich den Druck raus, gebe nach und stelle fest, dass die Welt trotzdem nicht untergeht.
nadinemes am 03. Juli 20
|
Permalink
|
0 Kommentare
|
kommentieren