Andere Länder, andere Sitten
Das wäre ja auch noch schöner, wenn man über 2000 Kilometer von seiner Heimat entfernt wäre und alles wäre genau wie zuhause. Wenn es schon innerhalb des eigenen Landes viele Unterschiede in Alltag und Lebensstil gibt, ist das im Ausland natürlich umso deutlicher. Das fängt schon an beim Umgang mit Kollegen, Freunden, Freunden von Freunden und so weiter und so fort an, geht weiter über Alltagsangelegenheiten wie einkaufen gehen oder Arztbesuche und dann ist natürlich auch die Bürokratie hier eine ganz andere. Über besser oder schlechter kann und will ich mir hier kein Urteil erlauben. Wer in andere Länder reist, muss offen sein für Neues und sich den Gegebenheiten anpassen können. Mit ein bisschen Glück findet man auch die viele Kleinigkeiten, die am fremden System besser sind als am altbekannten.
Zum Beispiel kenne ich hier lediglich meinen Chef mit Nachnamen. Besser gesagt; mit seinen beiden Nachnamen. Die Spanier übernehmen nämlich bei ihrer Geburt traditionell den ersten Nachnahmen des Vaters und den ersten Nachnahmen der Mutter. Heißt also der Vater mit seinen „Apellidos“ A B und die Mutter C D, so heißt das Kind dann A C. Heutzutage kann man den Nachnamen aber auch völlig frei zusammenstellen, wobei aus den insgesamt vier Nachnamen einfach zwei ausgewählt werden. Na, wie viele Kombinationen gibt es dann?
Außerdem übernimmt hier bei der Hochzeit keiner den Namen des anderen. Dann gibt es wenigstens keine Scherereien mit der Bürokratie, wenn man Ausweis, Krankenkassenkarte, EC-Karten, Kreditkarten, Bibliotheksausweise oder Ähnliches ändern muss. Und da hier sogar in den Geschäften nur die Vornamen an den Namensschildern stehen, wäre ein solcher Aufwand auch völlig überflüssig. Kurz und gut: Es duzt sich jeder und ich daher auch alle meine Kollegen und natürlich auch die Eltern meines Freundes. Es wäre vermutlich sogar beleidigend oder kränkend für sie gewesen, hätte ich sie mit ihren Nachnamen angesprochen.
Weiterhin wichtig ist, dass die Namen, wie der gesamte Wortschatz überhaupt, hier weniger Konsonanten haben, als in Deutschland. Mein eigener Nachname, mit insgesamt 10 Konsonanten und nur 3 Vokalen, hat daher sogar schon einen Alarm ausgelöst. Naja, eigentlich war es nur eine Fehlermeldung. Anders als in Deutschland nämlich, wo an jeder Ecke eine Privatpraxis eines anderen Allgemeinarztes zu finden ist, geht man hier bei medizinischen Problemen ins sogenannte „Centro de Salud“. Und damit man dort auch registriert als nahe wohnhafter Bürger ist, muss man in das Computersystem eingetragen werden. Wenn dann aber ganze 5 Konsonanten hintereinander im Namensfeld erscheinen, ist der Computer doch einigermaßen verwirrt und piept ratlos vor sich hin. Glücklicherweise kann man diese Warnung einfach übergehen und somit bin ich also inzwischen auch offiziell dort angemeldet.
Das war ja dann nicht ganz so schwierig. Woran ich mich aber immer noch nur schwer gewöhnen kann ist die Tatsache, dass man den Müll hier nur abends rausbringen darf. Die Idee dahinter ist einfach: Je länger der Müll draußen in der Hitze steht, desto größer ist die Gefahr, dass es in der ganzen Umgebung stinkt. Deshalb werden hier in Oviedo die Tonnen – die erheblich kleiner sind, als ich sie aus Deutschland kenne – einfach erst abends auf die Straße gestellt und dann mitten in der Nacht wieder abgeholt. Das ist irgendwie sinnvoll, aber auch enorm unpraktisch, wenn es darum geht, den Müll einfach mitzunehmen, wenn man sowieso aus dem Haus muss. Es sei denn, man übernimmt den spanischen Lebensstil und geht abends gegen acht oder neun noch mal seine Sidra trinken. Dann müsste man aber auch so konsequent sein, nach Mitternacht heimzukehren, länger zu schlafen und erst gegen halb zehn Uhr früh zur Arbeit zu kommen, wie mein lieber Chef das gerne macht. Aber dafür fühle ich mich dann doch noch ein bisschen zu deutsch.
nadinemes am 27. August 11
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