„Paketdienst!“, rief ich in die Türsprechanlage. Ich hatte ja auch einen Schlüssel in der Tasche, aber einfach reinkommen wollte ich nicht. Man stelle sich vor, ich hätte plötzlich ungefragt und unerwartet in der Wohnung gestanden. Bis meine Eltern realisiert hätten, dass ich es bin, hätten sie ja längst einen riesigen Schrecken bekommen. Also hatte ich geklingelt und stapfte nun mit meinem 10-Kilo Handgepäckkoffer nach oben. Mein Papa stand in der Tür und erwartete einen Postboten mit Paket. Mit einem derartig schweren Geschenk hatte er allerdings vermutlich nicht gerechnet. Die genaue Kilozahl lasse ich hier mal weg, ich möchte ja niemanden schocken.
Das Geburtstagskind selbst war dagegen noch nicht eingetroffen. Umso besser. Mir fehlten nämlich noch ein paar Kleinigkeiten für den folgenden Tag: Eine Geburtstagskarte, Geburtstagsblumen, Geburtstagsbrötchen. Nach langer, langer Zeit schwang ich mich endlich mal wieder auf’s Fahrrad und kutschierte durch die Haupt- – weil einzige – Einkaufsstraße Ludwigsfeldes. Die notwendigen Utensilien für den folgenden Tag waren schnell gefunden und sogar ein paar Ludwigsfelde-Postkarten für meinen Liebsten und seine Eltern konnte ich ergattern. Wie es der Zufall so will, ist auf einer dieser Karten sogar die Wohnung meiner Eltern zu sehen. Natürlich nicht von innen. Ganz am Rande, hinter dem Brunnenpärchen, sieht man einen Balkon unter vielen anderen. Schade, dass am Tag der Aufnahme dort gerade keine Geranien blühten.
Als ich meine Besorgungen erledigt hatte, war auch meine Mutter zu Hause eingetroffen. Sie staunte nicht schlecht, als ich plötzlich vor ihr stand. Dass sie sich freute, brauche ich wohl nicht extra zu betonen. Auch der Abend wurde etwas länger als geplant. Man quatscht eben doch noch mehr, wenn man sich gegenübersitzt, als nur über das Telefon. Den nächsten Tag verbrachte ich dann größtenteils mit Geburtstagsvorbereitungen: Beim Einkaufen helfen, Soljanka kochen für die große Familienfeier am nächsten Tag, ein schönes Outfit für den Abend aussuchen, und beim zweiten helfen, gemütlich essen gehen und dann nach einem kurzen Telefonat mit Spanien ins Bett fallen. Das Wochenende hielt schließlich noch mehr schöne, aber auch anstrengende Momente bereit.
Spaziergang im abendlichen Kerzendorf.
Mit der gesamten Familie feierten wir im kleinen Garten den großen Geburtstag. Sogar aus den USA waren Gäste angereist, mit denen man sich deutsch und englisch verständigte. Die Soljanka, die ich damals in Italien als typisch ostdeutsches Gericht verkauft hatte, wurde nun als traditionell spanische Küche eingestuft und gleich beim ersten Gang vollständig vertilgt. Auch an Salaten, Bouletten, Brot und Aufschnitt fehlte es nicht. Hungrig musste also keiner nach Hause gehen.
Auch der für den folgenden Tag geplante Tierparkausflug brachte uns eine kleine Überraschung. Hier war nämlich gerade Tierparkfest mit Konzerten, Vorführungen in Trachten aus der Zeit des Alten Fritz und einigen Anlagen zur Kinderbelustigung. Wir selbst lauschten Dirk Zöllner und seiner Band um festzustellen, dass auch seine Musik sich verändert hat. Warum auch nicht, der Mann ist ja schon eine Weile im Geschäft.
Der Dirk! Kennt ihr den eigentlich?
Geburtstag? Wer hatte hier Geburtstag?
Dann standen noch ein paar organisatorische Dinge an. Passfotos machen, Ausweis beantragen, Postkarten verschicken, Sachen packen. Mein letzter voller Tag in Deutschland würde mir dazu nämlich nicht allzu viel Zeit lassen. Ein weiteres Geburtstagskind beanspruchte da meine volle Aufmerksamkeit. Und natürlich: Das althergebrachte gemeinsame Essengehen, bei dem dieses Mal sogar ein paar Fotos entstanden sind. Die zeige ich hier aber lieber nicht. Censored! Nein, zu weit haben wir es nicht getrieben. Wir konnten ja alle noch nach Hause laufen. Aber der Kellner war doch recht belustigt.
nadinemes am 24. August 12
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